Wenn Helfer selbst Hilfe benötigen

Krisenhelferin Gabriele Murauer und ihr Kollege Josef Pree besprechen mit einem Feuerwehrmann den Einsatz.
Krisenhelferin Gabriele Murauer und ihr Kollege Josef Pree besprechen mit einem Feuerwehrmann den Einsatz. © Krisenhilfe OÖ/Hackl

160 Einsatzkräfte und Mitarbeiter aus dem Sozialbereich setzten sich am Mittwoch beim Krisentalk im Linzer Wissensturm mit der Fragestellung „Zwischen Beistand und Belastung: Was hilft den Helfern?“ auseinander.

Helfer der Blaulichtorganisationen werden ständig zu belastenden Situationen gerufen – sei es ein schwerer Unfall, ein Gewalt- oder Tötungsdelikt oder ein Suizid. Die Helfer müssen in dieser Situation ihre Frau oder ihren Mann stellen, unabhängig davon wie sehr sie diese selbst belastet.

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„Es muss gar nicht immer ein Großschadensereignis sein, das der Einsatzkraft extrem zusetzt“, sagt Katja Sieper, Leiterin der Krisenhilfe OÖ, und bringt zwei Beispiele: Eine Sanitäterin konnte bei ihren ersten drei Einsätzen jeweils die Person bei der Reanimation nicht mehr ins Leben zurückholen und hatte danach den Piepton der Nulllinie ständig im Ohr. „Nach zwei Sitzungen bei der Krisenhilfe war ihr Problem gelöst“, so Sieper.

Tagesverfassung und Probleme im eigenen Umfeld entscheidend

Es komme auch vielfach auf die Tagesverfassung oder die Probleme im eigenen Umfeld an. Wenn etwa der Helfer zu einem Unfall mit einer verletzten Person gerufen wird, und genau die gleiche Automarke beteiligt ist, mit der etwa die eigene Nichte vor kurzem einen Unfall hatte und dabei schwer verletzt wurde. „Das setzt einem besonders zu“, weiß Sieper.

„Helfer sehen häufig Dinge, die für 99 Prozent der Bevölkerung außerhalb des Normalbereichs liegen. Das Abwiegen, was zum Job gehört und was die eigene Schmerzgrenze überschreitet, ist ein ständiger Balanceakt“, schildert Klemens Fraunbaum, Diplomierter Sozialarbeiter, Supervisor und Coach, der als Einsatzkoordinator der Krisenhilfe OÖ tätig ist.

Damit Menschen in helfenden Berufen – gemeint sind auch jene im Gesundheitsbereich, in der Palliativ- und Hospizbetreuung – gesund bleiben können, brauche es Unterstützung auf institutioneller und persönlicher Ebene.

Für Fraunbaum habe sich gezeigt, „dass wenn Vorgesetzte einer Supervision gegenüber aufgeschlossen sind, diese auch von den Mitarbeitern verstärkt in Anspruch genommen wird.“

Viele Einsatzorganisationen wie Rotes Kreuz, Feuerwehr oder Polizei hätten bereits ein Peer-Angebot in den eigenen Reihen. Sollte dies nicht mehr ausreichen, könnten die traumatisierten Einsatzkräfte zur Krisenhilfe gehen. Etwa 15 bis 30 Mal komme dies pro Jahr vor, sagt die Leiterin.

Bewältigungsstrategien

Organisationen können offen kommunizieren, dass Belastungen zwar Teil des beruflichen Alltags sind, aber nicht „ausgehalten“ werden müssen. Eine fundierte Aus- und Fortbildung gibt den Helfern die Qualifikation, mit herausfordernden Situationen besser umzugehen.

Ein positives Betriebsklima und Peer-Systeme können ebenso helfen, wie Konzepte für organisationsinterne Notfälle. Und als Führungskraft hinsehen, wenn es sich um besonders herausfordernde Situationen handelt.

Eigenes Ritual schaffen

Auf persönlicher Ebene kann sich jeder Helfer bewusst ein Ritual schaffen, wie er aus dem belastenden Arbeitstag aussteigen kann – durch eine Pause am Heimweg, ein Stück spazieren gehen, eine ausgiebige Dusche, …

Angebotene Supervision und Weiterbildung nutzen. Mit Kollegen, guten Freunden darüber reden, Hobbys nachgehen, Sport treiben und die erlernten Bewältigungstechniken, die sie im Alltag professionell anwenden, auch bei sich selbst beherzigen. Klar dem Umfeld kommunizieren, dass man eine Pause oder Ruhe braucht oder einfach auch Nein sagen lernen.

Die 90 Mitarbeiter der mobilen Krisenhilfe OÖ sind im Vorjahr zu 515 Einsätzen gerufen worden und haben dabei mehr als 5000 Einsatzstunden erbracht. Das Krisentelefon 0732/2177 ist rund um die Uhr besetzt und wird von 25 Mitarbeitern betreut.

Von Michaela Ecklbauer

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