Corona-Hilfen der EU: Zähes Ringen um Einigung

Nach der deutsch-französischen Initiative für ein 500-Milliarden-Euro-Programm zur wirtschaftlichen Erholung in der EU rühren beide Länder nun die Werbetrommel – denn es regt sich Widerstand. Österreich, die Niederlande, Dänemark und Schweden pochen darauf, dass die EU nur rückzahlbare Kredite und keine Zuschüsse ausgibt.

Bundeskanzler Sebastian Kurz kündigt in den OÖN einen Gegenentwurf an.

Knapp zwei Wochen vor dem Start ist indes das erste Paket mit EU-Corona-Krisenhilfen immer noch nicht endgültig geschnürt. Beim geplanten Programm der Europäischen Investitionsbank für Unternehmenskredite seien noch Details offen, teilte EU-Kommissionsvize Valdis Dombrovskis nach einer Videokonferenz der EU-Wirtschafts- und Finanzminister am Dienstag mit. „Wir hoffen auf eine schnelle Einigung.“

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Die EU-Staaten hatten sich im April auf ein Paket mit Kredithilfen für Kurzarbeiter, für Unternehmen und für Krisenstaaten im Wert von bis zu 540 Milliarden Euro geeinigt. Alle sollen nach dem Willen der Staats- und Regierungschefs zum 1. Juni bereitstehen.

Verfügbar ist inzwischen ein Kreditprogramm des Euro-Rettungsschirms ESM für bis zu 240 Milliarden Euro Gesundheitskosten in EU-Staaten. Beim Kurzarbeiterprogramm „Sure“ im Umfang von 100 Milliarden Euro billigten die EU-Staaten am Dienstag alle Details, doch müssen sie nun noch benötigte Garantien von 25 Milliarden Euro hinterlegen.

Kurz kündigte Gegenentwurf an

Beim dritten Element – dem EIB-Programm für Unternehmenskredite – sind auch noch inhaltliche Punkte offen, so etwa, ob nur kleinere und mittlere Unternehmen profitieren sollen. Eine Einigung sei aber wohl in wenigen Tagen möglich, hieß es nach der Ministertagung.

Bundeskanzler an Kurz (ÖVP) kündigte gegenüber den „Oberösterreichischen Nachrichten“ (OEN) unterdessen einen Gegenentwurf zum deutsch-französischen Wiederaufbauplan in Höhe von 500 Milliarden Euro an. „Wir wollen solidarisch sein mit Staaten, die besonders hart von der Krise getroffen wurden, allerdings glauben wir, dass Kredite der richtige Weg sind, nicht Zuschüsse“, bekräftigte Kurz gegenüber der Zeitung. Kurz sagte, er sei diesbezüglich in Abstimmung mit den Niederlanden, Dänemark und Schweden, die bisher als Nettozahler-Allianz für eine Begrenzung des EU-Budgets aufgetreten sind.

Auch Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) bekräftigte am Dienstag die ablehnende Haltung Österreichs gegenüber der Vergabe von nicht-rückzahlbaren Zuschüssen im Rahmen des EU-Wiederaufbauplans bekräftigt. „Die Finanzierung von nicht-rückzahlbaren Zuschüssen lehnen wir nach wie vor ab. Es braucht Investitionen in die Zukunft, statt Kostenabdeckung für die Schulden der Vergangenheit“, teilte Blümel mit.

Der deutsche Finanzminister Olaf Scholz hatte angekündigt, bei den Beratungen der EU-Finanzminister auch den neuen deutsch-französischen Vorschlag für ein Wiederaufbauprogramm nach der Coronakrise zum Thema zu machen.

Zähe Verhandlungen erwartet

Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire erwartet zähe Verhandlungen über den deutsch-französischen Corona-Rettungsplan. Le Maire sprach am Dienstag in der Pariser Nationalversammlung von einer „schwierigen Partie“. EU-Partner wie Österreich, die Niederlande, Schweden und Dänemark müssten von dem Vorhaben noch überzeugt werden.

Wie viel Rückhalt der 500-Milliarden-Euro-Plan sonst im Kreis der 27 Länder hat, blieb aber offen. Kommissionsvize Dombrovskis begrüßte den Vorschlag und bekräftigte, dass die Kommission am 27. Mai ihr eigenes Konzept präsentieren werde. Danach brauche man rasch einen Kompromiss. „Die Zeit ist kurz, deshalb müssen wir uns schnell einigen“, sagte Dombrovskis.

Die Wirtschafts- und Finanzminister berieten auch erstmals Vorschläge der Kommission zum verstärkten Kampf gegen Geldwäsche. Die Kommissionspläne seien positiv aufgenommen worden, sagte der kroatische Finanzminister Zdravko Maric, der derzeit den Vorsitz der Minister führt.

Die Kommission hatte Anfang Mai einen Sechs-Punkte-Plan vorgelegt, um den Kampf gegen Geldwäsche und Terrorfinanzierung zu verstärken und Schlupflöcher zu stopfen. Die Kommission setzt vor allem auf ein geschlosseneres Vorgehen der EU-Staaten und mehr Kooperation.

Dombrovskis sagte, die Minister hätten auch über eine Stärkung der Aufsicht auf EU-Ebene gesprochen. „Eine Reihe Skandale, die wir in den vergangenen Jahren erlebt haben, zeigt, dass unsere Regeln durch nationale Aufsichtsbehörden nicht durchgängig angewendet werden. Das muss sich ändern.“ Denkbar wäre eine neue EU-Behörde oder die Übertragung von Kompetenzen an die Bankenaufsicht EBA.

Siemens-Chef Joe Kaeser hat eine Konzentration der EU-Finanzhilfen zur Bekämpfung der Coronakrise auf Zukunftsbranchen gefordert. Kaeser begrüßte in einem am Dienstag veröffentlichten Reuters-Interview den deutsch-französischen Vorstoß für eine größere technologische EU-Souveränität. Dies könne zu einer besseren Positionierung der EU im weltweiten Wettbewerb führen.

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