Corona-Krise: Automärkten droht im Jahresverlauf massiver Einbruch

Als Folge der Corona-Pandemie droht den internationalen Automärkten ein massiver Einbruch im Jahr 2020.

Nach Berechnungen des Automobilexperten Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management (CAM) ist bei der weltweiten Nachfrage mit einem Rückgang um rund 15 Millionen Fahrzeuge auf 68 Millionen Pkw zu rechnen. Das ist ein Minus von 17 Prozent.

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Allerdings wird in diesem Szenario auch angenommen, dass die erheblichen Einschränkungen des öffentlichen Lebens auf eine Kernzeit von sechs bis acht Wochen in den jeweiligen Regionen begrenzt bleiben und es andererseits künftig diverse staatliche Anreizprogramme und Fördermaßnahmen geben wird, um die Nachfrage nach der Krise wieder anzukurbeln.

„Sollten diese Annahmen nicht zutreffen, wäre mit deutlich höheren Rückgängen der Pkw-Nachfrage zu rechnen“, erklärte Bratzel am Freitag. Für Europa geht das Szenario von einem Minus von 21 Prozent auf nur noch 12,5 Millionen Autos für 2020 aus. In den USA würde die Nachfrage demnach um drei Millionen (minus 17 Prozent) auf dann 14 Millionen Fahrzeuge sinken.

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Der größte Automobilmarkt China, der für viele Autobauer bereits seit Jahren der wichtigste Absatzmarkt ist, würde hingegen um lediglich zehn Prozent auf 19 Millionen Pkw im Gesamtjahr 2020 sinken. Der bisherige Höchststand für die Volksrepublik war mit 24 Millionen Pkw im Jahr 2017 erreicht worden.

„Insgesamt stellt die Coronakrise die Automobilwirtschaft in Deutschland vor die in ihrer Geschichte bislang größten Herausforderungen“, erklärte Bratzel. Auf der Produktionsseite werde es angesichts dramatischer Liquiditätsengpässe vor allem darauf ankommen, „die systemrelevanten Akteure zur Zukunftssicherung der Automobilbranche zu schützen.“ Hierzu zählten nicht nur die Autobauer, sondern auch viele Unternehmen, die für die Lieferketten wesentlich sind.

Künftig wird nach Einschätzung Bratzels die Stimulierung der Nachfrage das Kernproblem sein. „Die sich verschärfenden negativen ökonomischen Rahmenbedingungen führen zu großer Unsicherheit und entsprechender Kaufzurückhaltung bei teuren Anschaffungen wie Automobilen“, erklärte er. „Entsprechend werden starke Anreize zur Nachfragestimulation notwendig sein, um eine Wiederherstellung und Stabilisierung der automobilen Wertschöpfungskette zu ermöglichen.“

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Der Betriebsratschef des Autobauers Daimler, Michael Brecht, fordert Konjunkturimpulse für die Autobranche nach der Coronakrise. Die Politik solle sich Gedanken darüber machen, welche Kaufstimulationen sie für die Zeit nach der Krise an den Start bringen könnte, sagte Brecht der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“ vom Freitag. „Denkbar wäre hier eine Art Abwrackprämie für Fahrzeuge mit Schadstoffklassen, die nicht mehr zeitgemäß sind.“

Zu den CO2-Vorgaben der Europäischen Union müssen die Autohersteller seiner Meinung nach stehen: „Der Autoindustrie wird regelmäßig vorgeworfen, dass sie immer wieder versucht, unangenehme Zielvorgaben durch Lobbyarbeit zu verhindern. Diesen Fehler sollten wir nun nicht begehen“, sagte Brecht den Zeitungen weiter. Auch Daimler-Chef Ola Källenius vertrete die Ansicht, „dass man die Krise nicht nutzen sollte, um an den CO2-Zielen zu rütteln“.

Bei Daimler beginnt von Montag an die Kurzarbeit. Zukunftsprojekte seien davon nicht betroffen, sagte Brecht. „Die neue S-Klasse ist ein Beispiel. Sie soll im Ende des Jahres anlaufen. Es muss alles dafür getan werden, dass das klappt, wir brauchen schließlich auch das Geld, das wir damit verdienen.“ In anderen Bereichen gehe es um Software oder die Batterieproduktion.

In den Werken Sindelfingen und Untertürkheim gehen laut Brecht rund 80 Prozent der Beschäftigten in Kurzarbeit. „Wir arbeiten auch dort weiter, wo Komponenten für China produziert werden. Internationale Lieferketten dürfen wir nicht abreißen lassen – ansonsten gibt es uns bald nicht mehr“, sagte Brecht. Auch Ersatzteile müssten weiter verfügbar sein.

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