Corona-Krise: Experten für Schulstart in kleinen Gruppen

Bei der Rückkehr der Kinder in die Schulen gelte es nach der Krise, die im Fernunterricht entstandenen Unterschiede in der Bildung wieder anzugleichen. Das geschieht am besten in kleinen Gruppen, mit differenziertem Zugang. Darin sind sich die Bildungswissenschaftler Herbert Altrichter von der Linz School of Education der JKU und Stefan Huber von der Pädagogischen Hochschule (PH) Zug einig.

Dass sich im Home-Schooling Ungleichheiten verstärken, zeigt eine Studie des Instituts für Bildungsmanagement und Bildungsökonomie der PH Zug, an der über 7.000 Personen – Schüler, Eltern, Lehrer, Schulleiter – aus Österreich, Deutschland und der Schweiz teilnahmen. Erstaunt habe ihn dabei, „Eltern haben großes Lob für die Schulen und wissen die Leistung der Lehrer zu schätzen“, sagte Huber im „JKU Corona Update“ mit Rektor Meinhard Lukas am Mittwoch.

Altrichters Bedenken, dass die Studie ein zu positives Bild zeichne, denn bildungsferne Akteure würden selten eine Online-Befragung ausfüllen, teilte Huber und meint, man müsse sich – inklusive Dunkelziffer – wohl um 25 bis 30 Prozent der Schüler sorgen.

Aus Studien wisse man, dass Schüler nach den Ferien ungleicher zurückkommen, meinte Altrichter, das sei somit für die Lehrkräfte nicht neu. Man müsse sich eher darüber Gedanken machen, wie man die Resilienz der Kinder in dieser besonderen Situation herstellen könne.

Wenn die Schulen wieder öffnen, gelte es auf besondere Schülergruppen mit dem größten Bedarf zu achten, freilich ohne einen Labelling-Effekt hervorzurufen, betonte Huber. Beide Wissenschafter sprachen sich für eine Rückkehr in kleinen Gruppen aus, so gebe es die „Chance, entstehende Unterschiedlichkeiten gezielt zu bearbeiten“, sagte Altrichter. Der Beginn mit Maturanten und Abschlussprüfungen könne allenfalls „ein heilsames Signal sein, dass es zurück zur Normalität geht“, habe aber mit dem Lernen nichts zu tun, sondern mit dem Hergeben von Zeugnissen.

Behutsame Öffnung der Schulen

Auch Lungenspezialist Bernd Lamprecht vom Kepler Universitätsklinikum plädierte für die Aufnahme des Schulbetriebs in kleinen Gruppen, denn es herrsche jedes Jahr im Herbst ein Peak an – allerdings bekannten – Virusinfekten, wenn alle aus den Ferien zurückkämen. Es gebe keine endgültige Faktenlage, dass Kinder weniger infektiös seien, „auch Kinder können anstecken“, warnte er davor, Erfolge in der Bekämpfung des Coronavirus leichtfertig aufs Spiel zu setzen. Er präferiere eine behutsame Öffnung, „die weiter erlaubt, die Kontrolle über die Krankheit zu erhalten“ und sich gegebenenfalls wieder anzupassen. Die Auswirkungen der jetzigen Lockerungen kenne man erst Mitte Mai, im Kepler Uniklinikum sei am Mittwoch wieder mehr Frequenz gewesen als zuletzt.

Einen Beginn mit den Kleineren hält er für schwer umsetzbar, auch wenn das aus Sicht der Betreuung und Wirtschaft wünschenswert wäre, denn ihnen könne man Maßnahmen wie Abstand halten am schwersten zumuten. Ältere hingegen könnten Hygieneregeln besser einhalten.

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