Corona-Stress-Test gut bestanden

Lehrergewerkschafter Paul Kimberger sieht derzeit keine Notwendigkeit, Schuljahr zu verlängern

VOLKSBLATT: Sind Sie auch im Home-Office, bzw. wie schaut Ihr Corona-Krisen-Alltag aus?

KIMBERGER: Wir sind im Moment aufgrund der angespannten Situation konfrontiert mit einer großen Verunsicherung und vielen Anfragen. Viele Dinge sind rechtlich zu klären oder brauchen sogar eine neue rechtliche Grundlage. Momentan muss man viel telefonieren und auf den anderen digitalen Kanälen kommunizieren. Also in Kontakt bleiben und Abstand halten.

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Die Schulen sind seit 16. März geschlossen. Wie klappt es mit dem „Distant Learning“?

„Distant learning“ bzw. „Homeschooling“ war in den ersten Tagen unglaublich aufwändig, weil von den Lehrerinnen und Lehrern Materialien in einer riesigen Mengen digital aufbereitet werden mussten. Es freut mich sehr, dass das flächendeckend sehr gut geklappt hat. Die Lehrer sind nun intensiv dabei, die Schüler, aber auch die Eltern, zu servicieren. Und es gibt sehr viele und sehr gute Rückmeldungen.

Hat die Schule damit den Elchtest in Sachen Digitalisierung bestanden?

Die Schule hat den Corona-Stress-Test wirklich gut bestanden. Wir werden jetzt schauen, wie es in den nächsten Wochen weitergeht, Ich bekenne mich voll zu den Maßnahmen der Bundesregierung.

Klappt „Distant Learning“ auch deswegen so gut, weil die Lehrer privat digital aufgerüstet haben?

Es macht sich jetzt bezahlt. Wir haben schon in den vergangenen Jahren immer wieder darauf aufmerksam gemacht: Würden wir jetzt lediglich das zur Verfügung haben, was uns der Dienstgeber zur Verfügung stellt, dann würde das „Homeschooling“ gar nicht funktionieren — das kann man eindeutig sagen.

Muss man den Präsenzunterricht neu denken?

Wir sind jetzt in einer Phase, wo es beim „Homeschooling“ darum geht, Stoff zu festigen und zu üben. Momentan steht nicht auf dem Programm, neuen Stoff zu vermitteln. Der Unterricht in der konventionellen Form kann nämlich sicher nicht komplett ersetzt werden, denn einer der wichtigsten Bereiche in der Schule ist darüber hinaus die Beziehungsarbeit, das kann man nur auf analogem Weg vermitteln.

Und wie funktioniert die Betreuung der „Einzelkinder“ in den Schulen?

Wir betreuen in den Schulen ja nur Kinder, deren Eltern in der kritischen Infrastruktur tätig sind. Das ist eine sehr wichtige Aufgabe, denn die Menschen in den Krankenhäusern, bei der Polizei und im Bereich der Grundversorgung leisten unglaubliche Arbeit. Und für deren Kinder haben wir eine Kinderbetreuung in den Schulen aufrecht zu erhalten. Das sind im Moment in Oberösterreich ungefähr 200 Kinder. Und wir haben uns selbstverständlich dazu bereit erklärt, auch in den Osterferien – wo die Zahlen möglicherweise geringfügig höher werden, weil auch die Infektionszahlen steigen – die Betreuung sicherzustellen. Aber ausschließlich für jene Kinder, deren Eltern in der kritischen Infrastruktur arbeiten, alles andere würde den Vorgaben der Bundesregierung widersprechen. Wir müssen auch auf die Gesundheit der Lehrer schauen.

Wie geht es dem Gewerkschafter mit der Extraschicht in den Osterferien?

Es geht mir gut dabei, denn selbstverständlich müssen auch wir unseren Anteil an der Bewältigung der Krise tragen. Es ist eine Sondersituation, die ungewöhnliche Maßnahmen notwendig macht. Wir müssen alle zusammenhalten, um gut aus dieser Krise herauszukommen. Und ich habe mich sehr über diese breite Solidarität innerhalb der Lehrerschaft gefreut.

Und was sagt der Gewerkschafter zu Plänen, den Start der Sommerferien zu verschieben?

Das ist aus meiner Sicht höchst spekulativ, die Frage stellt sich derzeit nicht. Jetzt geht es darum, die kommenden Wochen gut zu überstehen und, wenn es möglich ist, im April oder ab Mai das Schulsystem wieder in die Höhe zu fahren. Erst dann werden wir die Aufgabe haben, dieses Schuljahr – und ich zitiere dabei unseren Bildungsminister Heinz Faßmann – „mit pädagogischer und organisatorischer Bescheidenheit gut abzuschließen“. Also ich sehe im Moment keine Notwendigkeit, den Schulschluss zu verschieben.

Was sollte man bei kommenden Krisen anders machen?

Ich glaube, wir müssen genau analysieren und das mitnehmen, was wir daraus lernen können. Wir brauchen zum Beispiel dringend in unseren Schulen eine bessere digitale Ausstattung – qualitativ und quantitativ. Wir haben zum Beispiel in den ersten Tagen gemerkt, dass bei den Lernplattformen die Kapazitäten nicht ausreichen. Und natürlich wird das, was wir jetzt gerade machen, auch stärker in den Unterricht integriert werden. Die Werkzeuge, die wir jetzt benutzen, werden wir in den Schulalltag einbauen. Aber wir brauchen halt bessere Ausstattung in der Hard- und Software, aber auch im Aus- und Fortbildungsangebot für die Lehrer.

Mit Lehrergewerkschafter PAUL KIMBERGER telefonierte Herbert Schicho

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