„Corona zeigt uns auf brutale Weise, wo unsere Grenzen sind“

Hohe Auslastung auf den Intensivstationen – Leiter des Teams am Salzkammergut-Klinikum Gmunden schildert die belastende Arbeit

Diplomkrankenpfleger Heinz Hamminger ist sei 25 Jahren in der Intensivpflege am Klinikum tätig. Er berichtet von der extremen Belastung durch das Coronavirus für sein Pflegeteam.
Diplomkrankenpfleger Heinz Hamminger ist sei 25 Jahren in der Intensivpflege am Klinikum tätig. Er berichtet von der extremen Belastung durch das Coronavirus für sein Pflegeteam. © OÖG

Die Auslastung auf den heimischen Intensivstationen mit Covid-19-Patienten steigt weiter. Am Mittwoch waren es österreichweit um drei Personen mehr, gesamt daher 581. In OÖ befinden sich derzeit 72 auf einer Intensivstation, darunter sieben Patienten aus NÖ und einer aus Wien.

Für Ärzte und Pflegepersonal ist das Coronavirus zur Dauerbelastung geworden. So hat sich etwa im Salzkammergut-Klinikum Gmunden mit dem ersten – noch falschen – Verdachtsfall auf SARS-CoV-2 Mitte März 2020 für das Team der Intensivstation vieles nachhaltig verändert. Unzählige Schwerkranke und Patienten mit lebensbedrohlichen Symptomen mussten behandelt werden.

Obwohl sich in Österreich die Situation nicht so dramatisch entwickelt hat wie im benachbarten Italien und sich die Gesundheitseinrichtungen auf die Herausforderungen vorbereitet haben, hat die Unerfahrenheit im Umgang mit dem neuen, gefährlichen Virus für extreme Anspannung gesorgt.

„Die Angst, sich selbst oder seine Familie anzustecken, war von Anfang an ständig präsent und hat uns ein Jahr lang bei unserer täglichen Arbeit begleitet“, erklärt Diplomkrankenpfleger Heinz Hamminger, Leiter des 21-köpfigen Pflegeteams der Intensivstation am SK Gmunden.

Mehr als ein Drittel des Pflegeteams infiziert

„Wir haben umfangreiche Vorkehrungen getroffen und trotz des peniblen Einhaltens der strengen Hygienevorschriften hat sich mehr als ein Drittel des Pflegeteams mit dem Virus infiziert. Ich hoffe, dass alle die Erkrankung ohne bleibende Schäden überstehen“, sinniert Hamminger, der die Situation in seinem Bereich als sehr bedrückend schildert.

Hohe Sterblichkeit belastet das Pflegeteam

Rund 50 Prozent der auf den Intensivstationen in Behandlung befindlichen Covid-Patienten versterben. „Diese hohe Sterblichkeit sind wir nicht gewohnt. In der Regel verlieren wir unsere Patienten nicht, weil sie versterben, sondern weil wir sie nach der Betreuung in gutem Allgemeinzustand zur Weiterbehandlung auf eine Normalstation verlegen können. Für uns ist das extrem belastend, weil wir trotz größter Anstrengung vielen Menschen nicht mehr helfen können und uns auf brutale Weise gezeigt wird, wo unsere Grenzen sind“, schildert Hamminger, der seit 25 Jahren als Intensivpfleger und Stationsleiter tätig ist.

Neben der psychischen Belastung wird dem Pflegepersonal auch körperlich vieles abverlangt. In den geschlossenen Schutzanzügen ist es sehr warm und durch die Bewegungseinschränkung wird das sonst schon mühsame Umlagern der Patienten zur besonderen Herausforderung. „Der hohe Flüssigkeitsverlust durch das Schwitzen und die tiefen Abdrücke der Masken in den Gesichtern des Pflegepersonals zeugen von der anstrengenden Arbeit“, sagt Hamminger.

Schmerz, Leid und Ohnmacht

Für den erfahrenen Intensivpfleger und seine Kollegen hat sich durch die Pandemie vieles verändert: „Immer wieder verspüre ich eine gewisse Niedergeschlagenheit und Ohnmacht im Team, wenn bei uns Menschen trotz aller Bemühungen an Covid versterben. Das Virus sorgt für viel Leid bei den Erkrankten und deren Angehörigen. Es schmerzt uns, wenn Menschen die Erkrankung verharmlosen und unsere Bemühungen auf diese Weise herunterspielen“, appelliert Hamminger an die Bevölkerung für einen vernünftigen Umgang mit dem Virus.

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