Coronavirus – Experten: Strikte (und eingehaltene) Maßnahmen verhindern Intensivbetten-Defizit

Österreich sollte anhaltend aktiv sein, um die Verbreitung von SARS-CoV-2 möglichst zu reduzieren. Sonst drohen ein Defizit an zur Verfügung stehenden Intensivbetten für Covid-19-Schwerstkranke bzw. hohe Kosten.

Das haben die Wiener Gesundheitsökonomen Maria Hofmarcher und Christopher Singhuber (Health System Intelligence) berechnet. Im positiven Fall geht es sich mit den Kapazitäten aus.

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Die Expertin und ihr Kollege haben die „Kosten für zusätzliche Covid-19-Intensivbetten“ erstmals abgeschätzt, wie der Titel der Arbeit auch im Rahmen der Austrian Health Academy lautet. Dabei verhehlen die Experten nicht, dass die oft kritisierte traditionelle „Spitalslastigkeit“ des österreichischen Gesundheitswesens in SARS-CoV-2-Epidemiezeiten ihr Gutes hat: „Die österreichischen Krankenanstalten sind im europäischen Vergleich überdurchschnittlich gut mit Betten ausgestattet. Was in anderen Zeiten für Kritik gesorgt hat, ist während der Covid-19-Epidemie heilsam und sichert das Vertrauen der Bevölkerung in die Gesundheitsversorgung“, sagte Maria Hofmarcher am Dienstag gegenüber der APA.

Österreich hätte jedenfalls allen Grund, Neuinfektionen mit SARS-CoV-2 möglichst zu verhindern. Maria Hofmarcher erläuterte: „Nimmt man eine Prognose von Experten der TU Wien Mitte März als Grundlage – dort wird von einer 25-prozentigen Reduktion der Sozialkontakte ausgegangen -, würde man den Gipfel der Erkrankungen auf den 2. September verschieben. Doch bei angenommener Grundauslastung der in Österreich 2.541 Intensivbetten mit anderen Schwerkranken käme es dann bei maximaler Ausbreitung des Virus zu einem zusätzlichen Intensivbettenbedarf von 7.376 Betten, bei einer niedrigeren Grundauslastung von 60 Prozent von 6.886 Betten.“

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Die Kosten wären hoch, so die Expertin: „Sie könnten selbst bei der zweiten Variante mit 40 Prozent der Intensivbetten für Covid-19-Patienten bei einem Anteil von fünf Prozent der Erkrankten mit Bedarf an Intensivpflege bei 1,5 Milliarden Euro liegen. Das entspricht aber nur vier Prozent der Mittel des ‚Hilfspaketes‘ der Bundesregierung. Bei einem Szenario mit einem Anteil von 2,7 Prozent der Kranken, die eine solche Versorgung benötigen, bei 600 Millionen Euro.“ Überhaupt sei es sehr fraglich, ob man die Intensivbetten-Kapazität in Österreich noch derart ausweiten könnte. Da ginge es um die technischen Einrichtungen (auch Beatmungsgeräte; Anm.) und vor allem um das Personal.

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Das theoretisch düstere Szenario wird aber laut Maria Hofmarcher derzeit durch die relativ positive Entwicklung rund um Covid-19 konterkariert. „Da die österreichische Regierung die Maßnahmen zur Eindämmung der Epidemie mittlerweile verschärft hat, sollte sich die Zahl der Erkrankungen wesentlich günstiger entwickeln als in dem genannten Szenario angenommen. Dementsprechend würden bei einem Wirken der Maßnahmen auch keine zusätzlichen Kosten durch die Bereitstellung von Intensivbetten entstehen.“

Dazu haben die beiden Experten eine eigene Abschätzung angestellt. Maria Hofmarcher erläuterte gegenüber der APA: „Bei einer Auslastung der in Österreich 2.451 Intensivbetten von 60 Prozent mit Nicht-Covid-19-Schwerkranken, also wenn man es schafft, zum Beispiel geplante Operationen, die nicht unbedingt notwendig sind, zu verschieben, hätten wir in Österreich 980 Intensivbetten für Covid-19-Schwerkranke zur Verfügung.“

Die Fachleute haben für die Zeit bis 23. April zwei Szenarien als Modellrechnung entwickelt: Einmal verdoppelt sich die Zahl der Covid-19-Erkrankten alle acht Tage (plus neun Prozent pro Tag) bzw. im zweiten Szenario alle sechs Tage (plus 12,5 Prozent pro Tag). Hofmarcher rechnte vor: „Im Szenario ‚Verdoppelung der Fälle alle acht Tage‘ (plus neun Prozent pro Tag; Anm.) bleiben die österreichischen Intensivbettenkapazitäten bis 23. April unterschritten. Sollte sich die Zahl der Neuerkrankungen alle sechs Tage verdoppeln (plus 12,5 Prozent pro Tag), dann wird es wohl Kapazitätsüberschreitungen geben.“

Es wäre damit im günstigen Fall am 23. April mit 911 von schwerkranken Covid-19-Patienten belegten Intensivbetten in Österreich zu rechnen (bei insgesamt 2.451 und einer Grundauslastung mit anderen Patienten von 60 Prozent wären zu diesem Zeitpunkt rechnerisch 980 Intensivbetten verfügbar). Im schlechteren Fall würde der Bedarf für Covid-19-Patienten bei 2.143 Intensivbetten liegen.

Das Rechenmodell basiert darauf, dass sich die Zuwachsraten bei den Covid-19-Patienten in den kommenden Wochen wegen der ergriffenen Maßnahmen zur Bekämpfung der Ausbreitung der Epidemie deutlich reduzieren. Zusätzlich gingen die Experten von einem Anteil der österreichischen Intensivpatienten mit Covid-19-Erkrankung von einem Prozent aus, um auf der sicheren Seite zu sein.

Doch ganz wichtig, wie Maria Hofmarcher erklärte: „Mit Stand vom vergangenen Sonntag (22. März; Anm.) liegt der tatsächliche Anteil der Intensivpatienten in Österreich bei 0,4 Prozent der Covid-19-Erkrankten.“ Das ist weniger als die Hälfte des in der Modellrechnung angenommenen einen Prozents.

Die realen Zahlen könnten derzeit im Spitalswesen für eine relativ positive Entwicklung sprechen. Bis Dienstagvormittag wurden in Österreich 4.578 Erkrankungen registriert. Nur 155 Patienten befanden sich im Spital, 16 auf Intensivstationen. Bei 64.000 Akutbetten in Krankenhäusern und 2.451 Intensivbetten ist die Situation derzeit sicher bewältigbar.

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