Coronavirus: Italiens Mafia wittert in der Krise ihre Chance

Die Corona-Pandemie hat die italienische Wirtschaft in den Abgrund gestürzt, viele Firmen werden die Krise nicht überleben.

Das organisierte Verbrechen jedoch reibt sich die Hände. „Die italienische Mafia kann Bedrohungen in Chancen verwandeln“, sagt Giuseppe Governale, Leiter der Anti-Mafia-Behörde (DIA).

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Mehr als 12.000 Menschen sind in Italien bereits an Covid-19 gestorben, die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone ist verwüstet. Italienischen Experten zufolge droht 65 Prozent der kleinen und mittleren Unternehmen die Pleite. Das organisierte Verbrechen jedoch wittert Profit.

„Man muss sich nur das Portfolio der Mafiagruppen anschauen, um zu sehen, wie viel sie an der Pandemie verdienen können“, betont der Autor und Mafia-Experte Roberto Saviano der Zeitung „La Repubblica“. In den vergangen Jahrzehnten investierten sie demnach in Dienstleistungsunternehmen für Kantinen, Reinigung und Desinfektion, in Abfallverwertung, Transport, Bestattungsunternehmen, in Logistik für Öl und Lebensmittel.

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„Damit wird die Mafia Geld verdienen“, meint Saviano und erinnert an die letzte große Epidemie in Italien. Beim Ausbruch der Cholera 1884 in Neapel starb mehr als die Hälfte der Einwohner. Das viele Geld, das die Regierung für die Säuberung und den Wiederaufbau ausgab, floss direkt in die Taschen des kriminellen Familienclans der Camorra.

Die Mafia „plant schon sorgfältig für die Zeit, in der die Wirtschaft wieder aufgebaut wird“, sagt auch Ermittler Governale. „Da wird eine Menge Geld im Umlauf sein.“ Seine Behörde arbeite bereits an einem Plan, um die Infiltration der Mafia zu verhindern. „Sie werden nach Schlupflöchern im System suchen. Wir werden achten müssen auf verdächtige Operationen, die Gründung neuer Unternehmen und Scheinfirmen.“

In einem offenen Brief an Präsident Sergio Mattarella warnten Zeugen in Anti-Mafia-Prozessen vor der Gefahr, dass sich finanziell klamme Kleinunternehmer Geld von der Mafia leihen. Firmenchefs könnten sich „in einer Verzweiflungstat“ an die Einzigen wenden, „die derzeit über beträchtliche Geldmittel verfügen -, die Mitglieder des organisierten Verbrechens“, heißt es in dem Brief.

Gleichzeitig erschwert die Epidemie den Kampf gegen die organisierte Kriminalität. Die Prozesse gegen hunderte Mafia-Angeklagte seien zum Stillstand gekommen, sagt Nicola Gratteri, Staatsanwalt in Kalabrien, der Heimat der mächtigen Mafiaorganisation ‘Ndrangheta. Seit dem Auftreten des Coronavirus werden in Italien nur noch die dringendsten Prozesse weitergeführt.

Manche befürchten auch von der Mafia angezettelte Ausschreitungen. Der Geheimdienst habe die Regierung vor möglichen Unruhen in Süditalien gewarnt, sollte sich das Epizentrum der Epidemie dorthin verlagern, schreibt die Zeitung „La Stampa“.

Laut der Organisation Antigone, die sich für die Rechte Gefangener einsetzt, wurden seit Ende Februar mehr als 2500 Häftlinge entlassen, um die Überbelegung der Anstalten und damit die Ansteckungsgefahr zu verringern. Darunter seien auch Insassen mit Verbindung zur ‘Ndrangheta, sagt Staatsanwalt Gratteri. „Das ist sehr beunruhigend und eine echte Gefahr.“

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