Coronavirus – Lokalaugenschein am Drive-in: „Wie in einem schlechten Katastrophenfilm“

Tausende Testungen werden aktuell täglich an den österreichischen Drive-Ins vorgenommen. Die Recherchen der Gesundheits-Behörden nach möglichen Erkrankten laufen auf Hochtouren.

Ihr Anruf bei den Menschen ändert den Tag für die Betroffenen aber grundlegend. Ein Betroffener in Oberösterreich berichtete der APA von seinen Erlebnissen.

Mit Montag sollte für Nikolaus Berger (Name von der Redaktion geändert) aus Vöcklabruck eine Urlaubswoche beginnen, die mit Gartenarbeit bereits voll verplant war. Das Wetter mit blauem Himmel und Sonnenschein ideal, Heckenschere und Motorsäge waren noch am Vorabend gecheckt und für den Baumschnitt bereit gelegt worden.

Anruf von der BH

„Ich hörte um 10.00 Uhr Nachrichten, war schon im Rausgehen, als mein Handy läutete“, erzählte Berger der APA. Bei der unbekannten Festnetznummer dachte er sich noch nicht viel, auch als sich eine höfliche junge Dame mit Bezirkshauptmannschaft vorstellte, drückte ihn eher das Gewissen, eine Radarstrafe übersehen zu haben.

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Aber das änderte sich rasch: „Sie hatten in ihrem Büro Besuch von der Kundschaft Frau H., sie ist Covid-positiv getestet worden. Es kann sein, dass Sie sich angesteckt haben. Kann ich mit Ihnen ein paar Fragen durchgehen?“. Die freundlichen Worte der Angestellten von der Behörde sitzen. So sehr, dass sich auch Berger zuerst einmal auf den Sessel am Küchentisch niederfallen ließ. Er soll sich an ein Treffen von vor einer Woche zurückerinnern. Wie lange hatte dies gedauert? Wie waren die Umstände, wie groß das Büro, wie weit der Abstand? Die Hand hatte man sich bereits aus Vorsicht nicht mehr gegeben, aber wahrscheinlich in dem rund elf Quadratmeter großen Büro mehr als zehn Minuten miteinander gesprochen.

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Berger erzählt von trockenem Husten, der ihn plage. Auch ab und zu steche es beim Husten schon mal in der Lunge. „Ich bin aber auch bekennender Hypochonder, mein Arzt kann ein Lied davon singen“, sagt Berger zur APA und kann sich ein Lächeln nicht verkneifen. Das aufmerksame Verfolgen der Berichterstattung könne gerade für Menschen wie ihn auch schnell alle möglichen Symptome auslösen.

Termin im Drive-In

Es geht Schlag auf Schlag. Nur rund fünf Minuten nach dem Abklärungsgespräch verordnet die Behörde einen Test. Da sich Berger fit genug fühlt, mit dem Auto zu fahren, wird ihm ein Termin im Drive-In zugewiesen. Zu seiner Überraschung ist dieser in 20 Minuten erreichbar, fünfzehn Minuten Fahrtzeit sind einzurechnen. Wenn er sich an alle Geschwindigkeitsbeschränkungen hält. „Haben Sie etwas zu schreiben dabei?“, fragt die Dame von der BH. Sie diktiert ihm eine Buchstaben- und Zahlenkombination, die er groß und leserlich auf einen Zettel schreiben solle. Berger kritzelt auf einem alten Prospekt mit Bleistift das Durchgesagte, dann hetzt er zum Auto.

Die vielen Gedanken, die dem bekennenden Hypochonder während der Fahrt durch den Kopf schießen, werden nur vom sonnigen Wetter aufgehellt. Der spärliche Verkehr dieser Tage macht es möglich, dass er wenig später bei der besagten Teststelle vorfährt. Von weitem sieht man schon die Rettungs- und Polizeiautos auf dem großen Parkplatz eines Blumenfachmarktes. Zwei Polizisten mit FFP3-Schutzmasken beobachten den sich nähernden Wagen aufmerksam.

Berger lässt beim Einbiegen in den Parkplatz das Fenster runter, um seinen Führerschein zur Personenkontrolle vorzuzeigen. „Machen Sie sofort das Fenster rauf“, herrscht ihn einer der Beamten an. Durch das geschlossene Fenster der Autotür wird Berger aufgetragen, den Zettel mit der aufgekritzelten Nummer gegen die Scheibe zu halten. Die Polizisten haben Mühe, die Schrift zu entziffern. „Da wusste ich, warum groß und leserlich zu schreiben ist“, sagte Berger. Die Ziffernreihe wird von einem Beamten groß auf einen Zettel geschrieben und auf die Windschutzscheibe geklebt. Per Handzeichen weist ihm einer der Ordnungshüter den Weg und ordnet die Weiterfahrt an.

Wie in der Fahrschule wurden Verkehrshütchen aufgestellt, die zusätzlich die Fahrtrichtung angeben. Im Schritttempo nähert er sich zwei Feuerwehrleuten, die das Auto rund 50 Meter vor dem aufgestellten Rot-Kreuz-Zelt aufhalten und per Funk die nächste „Kundschaft“ zum Test ankündigen. „Es hatte Züge eines schlechten Katastrophenfilms“, so Berger. Die Polizisten mit Atemschutz, das Zelt vom Roten Kreuz auf einem Parkplatz des Blumenfachmarktes, in welchem Berger schon so oft vor der Pandemie war – wir erinnern uns: Es wäre ja eigentlich ein Gartenarbeitstag geplant gewesen.

 

Von weitem winkt eine Person in Handschuhen mit Schutzhelm, Maske und Kittel und deutet die Weiterfahrt an. Im Zelt wurden Bodenmarkierungen angebracht, wo man halten soll. Der Motor muss während des Abstriches abgestellt werden. Jetzt darf auch das Fenster der Fahrertür herabgelassen werden. Bevor es losgeht, fragt ein Sanitäter aus sicherem Abstand nochmals alle persönlichen Daten ab. Name, Geburtsdatum, Handynummer, Sozialversicherungsnummer. Alles muss übereinstimmen, bevor der Corona-Test vorgenommen wird.

Mit einer Art sehr langem Wattestäbchen fährt die Sanitäterin weit rauf in die Nasenhöhle. Ein unangenehmes Stechen ist zu spüren, gefühlsmäßig wurde bereits Hirngewebe entnommen. Spätestens am nächsten Tag werde er telefonisch vom Ergebnis unterrichtet. Bevor er wieder fahren darf, wird noch ein Merkzettel mitgegeben. Behördliche Anweisungen, vorerst nicht einkaufen zu gehen, telefonisch erreichbar zu bleiben, und das Verbot, Besuch empfangen zu dürfen. Allgemeine Hygienemaßnahmen wie beim Niesen und Husten Mund und Nase zu bedecken. „Aber die Anweisung, Hänge regelmäßig mit Seife zu waschen, wäre mir zu viel Aufwand im Garten“, schmunzelt Berger über einen Tippfehler. Den Humor dürfe er in der Zeit der Wartens auf das Ergebnis jetzt nicht verlieren. Schon gar nicht als Hypochonder.

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