Das Linz der Zwischenkriegszeit entdecken

Ausstellung im Linzer Nordico widmet sich den Bauten der Architekten Julius Schulte und Curt Kühne

Das Parkbad wurde 1929 nach Plänen von Curt Kühne errichtet, das ehemalige Hauptpostamt in der Kollegiumsgasse 2 im Jahr 1925 nach Plänen von Julius Schulte aufgestockt. © Gregor Graf

An manchem Gebäude läuft man als Linzer tagein, tagaus vorbei, ohne dessen Besonderheit(en) zu entdecken. Andere hat man vielleicht bei gemütlichen Spaziergängen entdeckt und sich daran erfreut. Zur weiteren „Bewusstmachung“, wie Museumschefin Andrea Bina sagt, lädt das Stadtmuseum Nordico nun in die Schau „Gebaut für alle. Curt Kühne und Julius Schulte planen das soziale Linz (1909-38)“ ein.

Die Ausstellung präsentiert bis 18. April 2022 das Wirken des Stadtbaumeisters und seines Mitarbeiters, mit dem man in die Architektur der Zwischenkriegszeit eintaucht: „Bauten von zwei Planern, deren Bekanntheit zu Unrecht nur regional verankert ist“, so Bina.

„Kühne und Schulte haben am Beginn der Moderne städtebauliche Herausforderungen einer rasant wachsenden und sich verändernden Stadt gestaltet“, betont auch Kultur-Stadträtin Doris Lang-Mayerhofer die Bedeutung der beiden. Ein zweiter Teil der Schau im Architekturforum Oberösterreich (afo) stellt den Gegenwartsbezug her. Bei Exkursionen durch die Stadt lassen sich Objekte auch live erleben.

Parkbad, Weberschule, Postdirektion

Das Parkbad mit einem der ersten Hallenbäder, die Fleischmarkthalle, Wohnbau für rund Tausend Menschen in der Wimhölzelstrasse von Kühne; das ehemalige Postdirektionsgebäude in der Innenstadt, auf dem heute die Nike thront, und die Weberschule in Alturfahr von Schulte. Alles Zeugen einer Zeit, in der große Not herrschte und ein großer Umbruch stattfand.

Auch die Architektur fing an, soziale Komponenten einzubeziehen, sollte nun auch der Gemeinschaft und den Bedürfnissen der Menschen dienen. Das lebten Kühne und Schulte mit ihrer Architektur, die u. a. Reformarchitektur, Expressionsismus und Neue Sachlichkeit prägen, und „gingen auch ästhetisch auf die jeweiligen Orte und die gesamte Umgebung ein“, erklärt Kurator Georg Wilbertz. Angemessen, aber nicht angepasst, denn damit wagten die beiden Architekten auch viel Neues.

Die Ausstellung zeigt Pläne, historische und aktuelle Fotografien von Bauwerken und Texte, die Schulte in Tageszeitungen veröffentlichte, um den Menschen seine Intentionen nahezubringen. Zu den Lebensdaten der beiden Architekten gesellen sich im ersten Raum ein Stadtplan von 1909 und eine Karte aus 1934, die zeigt, welche städtebaulichen Akzente in den Jahren 1926 bis 1934 gesetzt wurden. Die ersten Aufträge waren Schulen, die Schulte und Kühne nach neuesten pädagogischen Vorstellungen errichteten: die Weberschule, die Körnerschule und die Diesterwegschule, in der die einzige erhaltene Aufnahme Kühnes entdeckt wurde und ein großes Modell des Gebäudes, das Schüler 1981 gebaut haben.

In Ebensee wird mit der alten Hauptschule gerade ein Schulte-Bau revitalisiert. „Ein Schlüsselbau der Schulbaugeschichte“, so Wilbertz. Zu den markantesten Bauwerken Schultes zählt die Feuerbestattungshalle im Urnenhain, zu den wenigen dreidimensionalen Objekten der Schau nach Schultes Entwürfen gebrannte farbige Ziegel aus deren Hauptzeremonienraum. Kühne gestaltete große Wohnstrukturen am einstigen Stadtrand wie die Siedlung Scharlinz, Schulte individualisierte seine Wohnbauten mit vielen kleinen Elementen (Greilstraße). „Eine wunderschöne städtebauliche Figur macht die Niederreithstrasse“, so Wilbertz. Schulte hat auch einige Villen gebaut, am Bauernberg oder in Urfahr.

Das Gebäude am Herbert Bayer-Platz, in dem sich das afo befindet, wurde von Kühne für die Ärmsten der Stadt gebaut und diente als Volksküche. Die Schönheit der Architektur und die Behutsamkeit, mit der der Architekt bei der Planung vorgegangen sei, zeuge von Wertschätzung für die Menschen, so afo-Leiter Franz Koppelstätter. „Daran können wir uns heute messen und uns ein Beispiel nehmen.“

Architekturforum stellt Gegenwartsbezug her

Das afo beschäftigt sich in seiner Ausstellung „Kühne, Schulte, Gegenwart“ Stadtbausteine der Zwischenkriegszeit in aktueller Perspektive“ genau mit diesem Thema. Anhand von Porträts geben Bewohner und Nutzer von von den beiden Architekten geschaffenen Objekten Auskunft zu den Bauwerken.

Zur Ausstellung ist im Pustet Verlag ein reich bebilderter Katalog erschienen.

Von Melanie Wagenhofer

Das könnte Sie auch interessieren