„Das steht bei Schnitzler so nicht!“

Bei den Salzkammergut Festwochen wird wieder Theater gemacht

Auf der Bühne des Stadttheaters Gmunden geben sich Johanna Sophia Baader, Tim Breyvogel, Marthe Lola Deutschmann, Patricia Falk, Anna Golde, Jonas Graber, Dorothee Hartinger, Nikolaus Lessky, Riccardo Pallotta, Luisa Schwab, Helena Vogel, Nora Wahl und Sebastian Wendelin dem „Reigen“ hin.
Auf der Bühne des Stadttheaters Gmunden geben sich Johanna Sophia Baader, Tim Breyvogel, Marthe Lola Deutschmann, Patricia Falk, Anna Golde, Jonas Graber, Dorothee Hartinger, Nikolaus Lessky, Riccardo Pallotta, Luisa Schwab, Helena Vogel, Nora Wahl und Sebastian Wendelin dem „Reigen“ hin. © Alexi Pelekanos

„Es geht darum, dass ich an die großartige Zeit anschließen möchte, als das Stadttheater Gmunden Produktionsort war. Es ist ganz entscheidend, dass wir hier wieder Theater entstehen lassen und nicht Gastspiele einkaufen.“

Karin Bergmann, ehemalige Direktorin des Wiener Burgtheaters, hat seit dieser Saison die Theater-Agenden der Salzkammergut Festwochen Gmunden inne und setzt ihr Ziel direkt um.

Mit Arthur Schnitzlers „Der Reigen“ — dem Dramatiker ist ein Schwerpunkt im diesjährigen Festivalprogramm gewidmet — steht seit sehr langer Zeit wieder eine eigene Produktion auf der Bühne des Gmundner Stadttheaters. Premiere ist am 23. Juli.

„Ich habe den Text in mein Heute geholt“

Inszeniert wird das einstige Skandalstück vom aus Hall-ein stammenden Regisseur Franz-Xaver Mayr. Und es ist sein erster Schnitzler, wie er im Gespräch mit dem VOLKSBLATT erzählt. „Ich habe mir erlaubt, den Text in mein Heute herüberzuholen“, sagt der 1986 geborene Mayr, der am Schauspielhaus Graz Thomas Bernhards „Heldenplatz“ inszeniert hat. Man müsse sich diesen über 100 Jahre alten Text frisch anschauen, „vielleicht auch in die Zukunft denken“.

In Schnitzlers Stück begegnen sich zehn Menschen in zehn Szenen. Man könne sagen, dass es im „Reigen“ um Liebe geht, oder um Beziehungen, oder um die Schwierigkeit, Gefühle auszudrücken, so Mayr: „Aber im Grunde, wenn man es kalt ausspricht, dann wollen die halt alle gerne Sex. Wie das bei Menschen eben so ist, wie wir das alle kennen.“

Und wie das bei Schnitzler „Ungesagte“ zeigen? „Schnitzler hat nichts hingeschrieben, was soll man zeigen? Da ist ja ein Strich. Da ist allein im Schriftbild schon kein Hohlraum, den man füllen könnte. Ich glaube nicht, dass Schnitzler das als Aufforderung gesehen hat, damit kreativ umzugehen. Früher fiel einfach der Vorhang, dann wusste man Bescheid, und das ist auch irgendwie süß.“

Im „Reigen“ treffen Dirne, Soldat, Stubenmädchen, Graf, Schauspielerin … aufeinander, Konstellationen, deren sozialer Stand bei Schnitzler eine immense Bedeutung hatte. „Die sozialen Ebenen, die kriegt man heute nicht mehr hin. Man kann das schon versuchen, aber dann rutscht man ab ins Museum“, so Mayr: „Ich weiß schon, dass es Menschen gibt, die sich wünschen, dass man den Grafen mit seinem Säbel sehen kann. Aber das ist natürlich vollkommener Quatsch. Wir bringen Menschen zusammen, die sowieso in einer gewissen Hierarchie zueinanderstehen, durch Charisma, durch Alter oder andere Dinge.“ Es gebe heute natürlich diese Verhältnisse, betont der Regisseur, „das Stubenmädchen, das schwarz arbeitet und von ihrem Dienstgeber sexuell ausgebeutet wird, das aber nicht anklagen kann, weil sonst rauskommt, dass sie keinen Aufenthaltsstatus hat. Natürlich gibt es das heute, aber, da kann man sich auf den Kopf stellen: Das steht bei Schnitzler so nicht!“

Natürlich könne man „so eine Schnitzler-Szene“ einfach spielen, aber die habe an manchen Stellen mit dem Heute einfach nichts zu tun, klärt Mayr über seinen Ansatz auf.

In Alltagskostüme steckt er seine Darsteller nicht, manche Schauspieler spielen zwei Figuren, manche Figur ist aufgebrochen und auf mehrere Personen verteilt. „Es ist etwas aufgeraut.“

„Es ist mein Versuch, diese Zeilen dorthin zu holen, wo wir gerade sind und nicht zu erzählen, wie es einmal war“, macht Franz-Xaver Mayr Lust auf seinen „Reigen“.

Termine & Karten: www.festwochen-gmunden.at

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