Das Verbindende im Fluss der Zeit

Dornhelms Klangwolke begeisterte mehr als 40.000 Besucher

ARS ELECTRONICA: VISUALISIERTE KLANGWOLCKE

Am Anfang ein Grollen, ein Aufwühlen, das alles in Bewegung setzt, in Fluss bringt. Und dann füllen Bilder und Musik intensiv den Raum an der Donau. Laserstrahlen hüllen das Geschehen fast schützend ein, bilden quasi eine Lichtkathedrale.

Der Verzicht auf das finale Feuerwerk aus ökologischen Gründen war kein Verlust, den nicht der stimmige, ungebrochene Bildfluss, inszeniert von Regie-Altmeister Robert Dornhelm und eingebettet in bombastische „Filmmusik“, mehr als ausgeglichen hätte. Die laut Veranstalter gut 40.000 Besucher zeigten sich am Samstagabend nach einer Stunde von der Visualisierten Linzer Klangwolke mit dem Titel „Panta Rhei“ („Alles fließt“) begeistert.

Zwei Cellistinnen boten nicht nur ihr großartiges Können dar — die gesamte Musik wurde im Vorfeld aufgenommen —, sondern bewiesen auch Mut: nixenhaft bei Unterwasseraufnahmen und — wieder aufgetaucht — in vierzig Metern Höhe in opulenten Kostümen an einem Seil agierend. Auf zwei großen Leinwänden konnten die Besucher der Klangwolke auf der Linzer Donaulände alles mitverfolgen. Das Geschehen auf den Monitoren spiegelte sich auf riesigen Wasserwänden im Fluss wider.

Meist nur schemenhaft, aber gerade das hatte seinen besonderen, fast ein wenig mythischen Reiz. Ein Orchester- und ein Trommelschiff bewegten sich den Fluss entlang auf und ab, ein weiteres ließ eine 18 Meter hohe Harfe an den Zuschauern vorbeigleiten. An deren Saiten kletterten Profis der Naturfreunde unentwegt auf und ab. Ein Tänzerpaar in Rot und Blau — Feuer und Wasser? Dornhelm spielte mit den Bildern, ließ die Figuren zer- und ineinander fließen.

Viel Raum für die bombastische Musik

Die Musik von Roman Kariolou, mit dem Dornhelm immer wieder zusammenarbeitet, bekam, ja benötigte viel Raum: Bombastisch, stellenweise fast ein wenig schwülstig, überfluteten monumentale Klangwellen das Gelände, die sich stellenweise an spannenden, perkussiven Elementen brachen. Als Solisten neben den beiden Damen am Cello ein Harfenist und ein Flötist.

Als Reminiszenz Dornhelms an eigenes filmisches Schaffen und einen guten Freund eine Filmszene mit Ursula Strauss, in der diese als Maria Theresia den kürzlich verstorbenen Hannes Leopoldseder als Ars- und Klangwolken-(Mit)Erfinder würdigt.

Pure Poesie beim Tanz in der Luft

Für die poetischsten Momente sorgten Silke Grabinger und Cornelia Aitzetmüller: Die beiden tanzten in schwindelnden Höhen akrobatisch durch die Lüfte, dazu stiegen Luftballons auf. Für gesprochene Poesie sorgte Schriftsteller Michael Köhlmeier, der bisher unveröffentlichte Gedichte via Leinwand vortrug und sich damit in den Gesamtfluss einfügte.

Am Ende symbolisch für den Zeitenwandel dann doch eine einzelne Feuerwerksrakete. Was jedoch viel mehr in Erinnerung bleiben wird, das Licht, das alles eingehüllt hat, einen Raum schuf, in dem das Verbindende vor dem Trennenden steht, in dem Solidarität herrscht. Vielleicht eine der Botschaften der heurigen Klangwolke, gerade in schwierigen Zeiten: Alles fließt, es geht weiter.

Von Melanie Wagenhofer

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