„Der Vogelhändler“ ganz anders

Premiere in Bad Hall mit grandiosen Sängern & verwegener Dramaturgie

„Der Vogelhändler“ 2021 in Bad Hall
„Der Vogelhändler“ 2021 in Bad Hall © Kainrath

In Bad Hall finden seit 1984 Operettenwochen statt, Corona-bedingt entschied man sich heuer vom Stadttheater in den Kurpark auszuweichen. Ausgerechnet am Premierenabend öffnete der Himmel eine Stunde vor Vorstellungsbeginn seine Schleusen. Der Beginn wurde um 40 Minuten verschoben, die verbliebenen Besucher wurden danach beinhart ohne zusätzlichen Regenschutz auf ihre Bänke geschickt, viele suchten unter Bäumen Schutz.

Bürgermeister Bernhard Ruf begrüßte eine Unzahl von Ehrengästen mit Landeshauptmann Thomas Stelzer an der Spitze, der seinerseits die 60 oö. Festspiele erwähnte, die heuer über die Bühne gehen werden.

Wie oft bei Operetten vertraute man dem Originallibretto des „Vogelhändlers“, das Moritz West und Ludwig Held 1891 zu den Melodien von Carl Zeller verfasst haben, nicht. Die für Bad Hall verwendete Fassung stammt von Gerald Pichowetz und wurde mit neuen Akzenten versehen, die doch sehr in das Original eingreifen. Zum einen wird die Handlung in die Kurstadt Bad Hall verlegt, wo das Stück dann heute spielt — 300 Jahre Differenz sind logisch nicht zu überbrücken. Wenn dann noch aus den Professoren Süffle und Würmchen Beamte der SOKO Bad Hall werden, wird es tatsächlich kompliziert, wenngleich Rita-Lucia Schneider und Christoph Fälbl ihre Pointen einsatzfreudig und präzise formulieren.

Präzise geführte Sänger- und Komödianten-Elite

Ina Reuters Bühnenbild und Gilles Gubelmanns Kostüme schufen mit dem Lichtdesign (Sabine Wintersteiner) die Grundlage für die grandiosen Darsteller der von Wolfgang Gratschmaier präzise geführten Sänger- und Komödianten-Elite. Sophie Klussmann als hoheitsvolle und volkstümliche Kurfürstin Marie, Romana Amerling als quirlige, verletzliche Brief-Christel und Dany Sigel als umwerfend komische Hofdame Adelaide bilden ein unvergleichliches Damen-Trio. Bei den Herren haben naturgemäß die Tenöre die Trümpfe in den Kehlen. Eugene Amesmann ist der umtriebige, stimmlichen in allen Lagen glänzende Stanislaus, seinem Konkurrenten Adam leiht Sebastian Fuchsberger seinen bis zum Bariton einsatzfreudige Tenor, lediglich an Charme bleibt er den Damen und dem Publikum einiges schuldig. Alfred Pfeifer hat die undankbare Aufgabe, neben seinen Diensten für die Fürstin auch gegen den Bad Haller Gemeinderäten Grobheiten anzubringen, Karl Glaser wechselt gekonnt vom Dorfschulzen zum Kammerherrn, Ramona Mühlthaler ist die tatkräftige Emerenz.

Intendant Ernst Theis leitet aus dem Oberstock des Alten Badhauses ein großartiges Orchester und leistet sich musikalische Verfremdungen bekannter volkstümlicher Melodien, etwa „Ich bin der Prodekan“ ….

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Normale Witterung vorausgesetzt kann man dem „anderen“ Vogelhändler eine erfolgreiche Saison voraussagen.

Nächste Vorstellungen: 2,3, 4. Juli; Karten: Tel. 07258/7200-13

 

Von Ingo Rickl

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