Deutschland will Wasserstoff-Land Nummer eins werden

Deutschland will in der klimafreundlichen Wasserstoff-Technologie weltweit führend werden und will dafür die industrielle Produktion vorantreiben. Die deutsche Regierung beschloss nach monatelangem Ringen am Mittwoch die „Nationale Wasserstoffstrategie“ für Produktion und Einsatz des Brennstoffs. Aus dem Coronakonjunkturpaket sind allein neun Milliarden Euro zur Umsetzung des Konzepts vorgesehen.

„Wir müssen die Energiewende und den Klimaschutz auf eine neue qualitative Stufe heben“, sagte der deutsche Wirtschaftsminister Peter Altmaier. „Wir wollen die Nummer eins werden auch aus Gründen unserer Wettbewerbsfähigkeit“. Bei der Wasserstoff-Produktion mit erneuerbarer Energie soll auch das europäische Ausland und Afrika eine Rolle spielen. Mit Marokko wurde ein Vertrag für die erste Produktionsanlage in Afrika geschlossen.

Mit Hilfe von Wind- oder Sonnenstrom erzeugter Wasserstoff gilt als zentraler klimafreundlicher Brennstoff gerade für die Industrie. Während bei Autos der direkte elektrische Antrieb favorisiert wird, fehlen klimafreundliche Lösungen für Schwerlaster, die Schifffahrt sowie Chemie-, Stahl- und Zementindustrie. Klar ist, dass mittelfristig Wasserstoff etwa aus sonnen- und windreichen Gegenden Südeuropas oder Afrikas importiert werden muss.

Erneuerbare Energien aus Deutschland werden dies allein nicht leisten können, weil für die Wasserstoff-Produktion sehr große Menge benötigt werden. „Ohne die Sonne Afrikas werde wir alle diese Ziele nicht erreichen können“, sagte Entwicklungsminister Gerd Müller. Die Anlage in Marokko gilt dabei als ein erster Schritt. Sie soll jedoch zunächst nur die marokkanische Industrie versorgen.

Die Strategie sieht vor, dass bis spätestens 2040 Elektrolyse-Kapazitäten von zehn Gigawatt aufgebaut werden. Dies entspricht der Leistung von zehn Atomkraftwerksblöcken. Gefördert werden soll die Produktion unter anderem durch Abgabe-Befreiungen für Strom aus Wind oder Sonne, mit dem Wasserstoff aus Wasser klimafreundlich erzeugt werden soll. Zudem werden Ausschreibungsmodelle werden geprüft. Dabei kommen solche Produzenten zum Zuge, die die geringsten Subventionen verlangen. Dazu kommen Investitionszuschüsse.

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Auf Kritik bei Umweltverbänden stößt, dass auch Wasserstoff importiert werden soll, der aus Erdgas erzeugt wird. Das freigesetzte CO2 muss dann zwar unterirdisch etwa in Norwegen gespeichert werden. Greenpeace bemängelte, die Regierung verschleiere hier die Risiken. Zudem werde so die Produktion aus erneuerbaren Energien behindert. Der WWF warnte, Wasserstoff im Kampf gegen den Klimawandel zu überschätzen und als Allheilmittel zu sehen. Der Einsatz müsse wegen des hohen Aufwands bei der Produktion begrenzt bleiben.

Das Umweltministerium hatte sich daher gegen den Einsatz bei Autos ausgesprochen, konnte sich aber nicht vollständig durchsetzen. Im Konzept heißt es jetzt: „Auch in bestimmten Bereichen bei Pkws kann der Einsatz von Wasserstoff eine Alternative sein.“

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) zeigt sich erleichtert, dass nach dem Streit das Konzept nun beschlossen ist: „Die Entscheidung der Bundesregierung kommt keinen Moment zu früh“, sagte BDI-Geschäftsführer Holger Lösch. Leider blieben bei der Finanzierung der Produktion aber noch Fragen offen.

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