Dichtung und Wahrheit

Neufassung vom „Dreimäderlhaus“ erzielte kaum die beabsichtigte Unterhaltung in der BlackBox

Das pastellfarbene „Dreimäderlhaus“im Musiktheater.
Das pastellfarbene „Dreimäderlhaus“im Musiktheater. © Petra Moser

Das Singspiel „Das Dreimäderlhaus“ aus 1916 hatte schon bei seiner Entstehung einige Geburtshelfer, die sich vom Roman „Schwammerl“ von Rudolf Hans Bartsch anregen ließen. Nun gibt es für die Produktion des Werkes von Heinrich Berté am Musiktheater andere „Bearbeiter“, die das harmlose Biedermeierbild der Persönlichkeit Schuberts beleuchten.

Angelika Messner kreierte eine Neufassung und erreichte gemeinsam mit Regisseur Gregor Horres eine deutlich auf den schwulen Schubert hinweisende Darstellung des Liederfürsten. Man fragt sich nur, wem diese Aufdeckung nützen sollte. Vielleicht sollte es dem neubesetzten Opernstudio und seinen tüchtigen Sängern in stilisierten Fantasiekostümen von Renate Schuler geschuldet werden.

Ihnen gebührt große Anerkennung für ihre Leistungen, nicht nur sängerisch sondern vielmehr im Spiel. Ansonsten muss man in Bertés „Dreimäderlhaus“ nicht unbedingt eintreten. Es steht auf der Drehbühne mit reichlichen Fliedertapeten (Elisabeth Pedross) und einem Bett ausgestattet, damit man merkt, worum es geht. Da tummeln sich mit Trinkfreuden und Festfeiern der verwitwete Hofglasermeister Tschöll (Peter Fabig), in Zorrneslaune wegen seiner heiratsfeindlichen Töchter Hannerl (Hedwig Ritter), Hederl (Jana Marcovic) und Haiderl (Tina Josephine Jaeger), die er Rotzpipn nennt, denn es soll ja auch das Wienerische zu seinem Recht kommen.

Das ist nicht leicht für alle, denn der Intimus Schuberts Baron Schober (Xiaoke Hu) ist ein Chinese und kann es nicht leugnen bei aller Bemühung um eine deutliche Sprache. Besser gelingt dies Grégoire Delamare als Schubert, dessen rundes Brillenglas das Aussehen des Komponisten suggeriert. Etelka Sellei ist die attraktive Hoftheatersängerin Lucia Grisi, die die libidinösen Zwangskonstruktionen weshalb Hannerl nicht zu ihrem Schubert kommt, elegant löst. Aus Schuberts Freundeskreis bleibt nur Johann Michael Vogl übrig, den Michael Daub im rosafarbenen Frack verkörpert.

Der musikalische Teil der Uraufführung besteht aus Bertés Arrangements, die Ola Rudner bearbeitete, und Liedern sowie Stücken von Schubert, oft leider nur in Ansätzen und mit wenigen Varianten, denn aus dem reichen Schatz seines Schaffens in seinem kurzen Leben hätte sich mehr finden lassen. Immer wieder klingt seine „Unvollendete“ an neben dem „Erlkönig“, aus Liederzyklen sowieso — wegen der inhaltlichen „Korrektur“ — „Es soll der Frühling mir künden, wo werde ich i h n finden“.

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Für die reduzierte Orchesterfassung von Juheon Han wurde der neue Kapellmeister Ingmar Beck verpflichtet, der sein Einstandsdirigat mit Sensibilität und bemüht um Stilfragen ordentlich hinlegte. Mit dem lustlos musizierenden dezimierten Bruckner Orchester muss er allerdings erst warm werden. Applaudiert wurde am Schluss der drei Akte viel und lange. Mehr als eine verlorene Liebesmüh‘ um den schwulen Schubert wird wahrscheinlich nicht im Gedächtnis bleiben. Aber Toleranz ist angesagt, lautet doch das Theatermotto der Saison „Freiheit“.

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