„Die dichteste Zeichnung, die es gibt“

Schlossmuseum zeigt Arbeiten des gebürtigen Linzers Rudi Stanzel

Rudi Stanzel und seine „Ketteninstallation“ in der Ausstellung im Linzer Schloss
Rudi Stanzel und seine „Ketteninstallation“ in der Ausstellung im Linzer Schloss © OÖ Landes-Kultur GmbH, Michael Maritsch -maritsch.com

Eine kleine, aber äußerst feine wie kompakte Ausstellung im Linzer Schlossmuseum zeigt bis 9. Oktober 2022 die genialen Arbeiten des gebürtigen Linzers Rudi Stanzel (Jg. 1958), der es mit seinem eigenen „Vokabular“ versteht zu irritieren, zu verfremden, zu verdichten und zu abstrahieren.

„DIS“ — eine Vorsilbe, die auf Gegensätze verweist — heißt dementsprechend die Schau, für die der Künstler einen Raum im Schloss als Gesamtinstallation mit Arbeiten aus den letzten zehn Jahren gestaltet hat (kuratiert von Inga Kleinknecht).

Im Zentrum steht bei Stanzel stets die intensive, fast wissenschaftliche Auseinandersetzung und das Experimentieren mit dem Material, das er aus der gewohnten Verwendung herausholt. Im Schloss dominieren Arbeiten mit Grafit und damit Schwarz.

Kettenvorhänge, die den Raum neu definieren

Beim Betreten stechen „Vorhänge“ aus Aluminumketten ins Auge. Die bewegliche „Ketteninstallation“ teilt den Raum, definiert Blickachsen neu. „Die Ketten stammen aus Spanien, wo sie im Sommer anstelle von Türen verwendet werden, Luft durchlassen und Fliegen abwehren“, erzählt Stanzel. Zum ersten Mal habe er die „Fliegenabwehrketten“ in einem Wiener Flakturm gezeigt.

Aus einigen Metern Entfernung schwer und metallen anmutende Bilder und Skulpturen entpuppen sich bei genauer und näherer Betrachtung als geschickte „Täuschungen“, „DIS-Malereien“, die die einzigartigen Wege offenbaren, die der in Wien lebende und arbeitende Künstler geht. Stanzel spachtelt für diese Collagen und Montagen Grafit — der Stoff, aus dem Bleistifte sind — auf Styropor und/oder Holz auf, so entstehen mehrere Schichten, deren Strukturen immer wieder durchdringen, die Areiten muten fast wie Ölgemälde an. Stanzel malt nicht und doch lässt er, wie er selbst sagt, „die dichteste Zeichnung, die es gibt“, entstehen. Grafit gebe für ihn als Material so viel her, weil jede Unebenheit vom Licht reflektiert werde, so der umtriebige Künstler, der sich u.a. auch mit Schreiben, Pantomime oder Theater beschäftigt und bei Peter Weibel Mediendesign studiert hat.

Immer wieder geht es bei Stanzel um chemische Formeln. Die kristalline Struktur von Glimmer — Eisenoxid, das gegen Rost eingesetzt wird und die gleiche Formel wie das Zeichenmaterial Rötel hat — verleiht Bildern einen ganz besonderen Glanz, für den der Künstler auch einmal Farbe zulässt. Eine geniale Steigerung erfährt die Technik in „Hologrammglitter“-Bildern. Reflektierende Farbpunkte, „Farbwölkchen“, verändern das Bild mit wechselndem Standpunkt des Betrachters und unterschiedlichem Lichteinfall. Das ist auf Fotografien freilich schwer festzuhalten. Er nenne es „Das Bild, das es nicht gibt“, so Stanzel. Als schwebe man durch die Weiten des Universums …

Von Melanie Wagenhofer

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