Die Qualen der ewigen Wiederholung

„Das Vorspiel“ von Ina Weisse als mögliche Hommage an Michael Haneke: Die Machtspiele einer Frau

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Die Verbindung von Kunst, Macht und Sexualität, die Ermächtigung einer Frau, die nach ihren eigenen Regeln leben und lieben will. All das — und noch viel mehr — erinnert in Ina Weisses „Das Vorspiel“ an Michael Hanekes Meisterwerk „Die Klavierspielerin“ nach Elfriede Jelineks Roman.

Als „Vorspiel“ zu Hanekes Personal, Erika Kohut und Walter Klemmer, könnte es funktionieren: Wer wird hier zurechtgebogen? Wer verliert sich, wer findet sich in wem? Wenn der Großvater die Hand des Geige spielenden Enkels in einem Ameisenhaufen malträtiert und dieser beim Eishockeyspielen zu sehen ist, kann die Nähe zur „Klavierspielerin“ keine Vermutung mehr sein.

Die Schmach wird im Probenraum kompensiert

Nina Hoss ist Anna Bronsky, eine Musikerin, deren Karriere in der einer Lehrerin geendet hat. Ihr Leben ist nicht vorbei, aber gegossen: Mann, Kind, Job, Liebhaber, ewige Wiederholungen. Als sie den jungen Alexander (Ilja Monti) gegen die Stimmen ihrer Kollegen — darunter die in Ottensheim aufgewachsene Sophie Rois als Frau Köhler — zu ihrem Schüler macht und ihn auf eine Prüfung, ein Vorspielen, vorbereitet, tut sich ein Ventil für sie auf. Mit unerbitterlicher Strenge treibt sie den Jungen an, versucht, seinen Weg und ihn zu biegen, ihre Interpretation zu seiner zu machen. Einen schmachvollen Moment auf der Bühne, als sie sich zu einem Auftritt im Quartett überreden hat lassen, kompensiert die Frau im Probenraum. Der eigene Sohn daheim bleibt mehr oder weniger verschont, obwohl – in einer wunderbaren Szene – der verhängnisvolle Mutterstolz unübersehbar ist.

Die Darsteller liefern unter der Regie von Weisse hervorragende Momente, Hoss‘ Spiel einer Frau, die ihrem Altern zusieht und deren Frust greifbar ist, holt kein Klischee hervor, sondern lässt einen sonderbaren Menschen entstehen, der Gefallen an der Macht findet, die ihm Sicherheit gibt, während er sich rundherum mit so vielem abfinden muss.

Der Schüler muss wiederholen, wiederholen, wiederholen, sich quälen und sich quälen lassen, die Unzulänglichkeiten und Mankos seiner Lehrerin abarbeiten.

„Das Vorspiel“ als Abklatsch der „Klavierspielerin“ oder ähnlicher Filme zu sehen, wäre unzureichend. Viel schöner ist, ihn in manchen Ideen und Augenblicken als Hommage an Haneke zu verstehen, der sich auch in anderen Werken der Thematiken, die hier von Weisse aufgegriffen werden, annimmt. Der Film trumpft nicht mit einer originelle Handlung auf, aber sie hat hier andere Vorzeichen. Es ist vielleicht Vor- und Nachspiel einer großen Geschichte.

Ab sofort im Kino

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