Die wahre Visitenkarte des Musikdirektors

Die Staatsoper zeigt wieder Ponnelles alten, schönen „Figaro“

Louise Alder als Susanna und Philippe Sly als titelgebender Figaro mit dem Chor
Louise Alder als Susanna und Philippe Sly als titelgebender Figaro mit dem Chor © Wiener Staatsoper/Michael Pöhn

Fehler sind dazu da, dass man sie wenn möglich korrigiert. Wenn in der Ära Meyer Meisterinszenierungen von „Elektra“ und „Le nozze di Figaro“ weggeworfen wurden, so holt man sie in der Ära Roscic wieder hervor.

Darum ist dieser „Figaro“, an sich nur als „Musikalische Neueinstudierung“ angekündigt, fast eine „echte“ Premiere — zu sehen u.a. auf ORF III — geworden. Die wahre Visitenkarte des derzeitigen Musikdirektors Philippe Jordan, der Mozart auf sein Banner geschrieben hat. Eine für Wien gänzlich neue Besetzung, teils auch mit Hausdebutanten, die mit dem neuen Direktor nach Wien gekommen sind. Und der Klassiker: die Inszenierung von Jean-Pierre Ponnelle.

Ein halbes Jahrhundert alt und zeitlos

Sie hatte 1972 bei den Salzburger Festspielen und 1977 dann in Wien Premiere, ist also fast ein halbes Jahrhundert alt — und zeitlos und haltbar wie ein Gemälde, das als Momentaufnahme eine Epoche festhält. Die Epoche einer Adelswelt, an der schon gerüttelt wurde; und die Epoche, als man Opern noch aus sich selbst verstand, aus der Geschichte, die sie erzählen, und aus der Musik, die die Richtung des Verständnisses weist.

Kein filigraner, ein lebhafter Mozart

Also findet man sich ohne Verfremdung in ein spanisches Adelsschloss versetzt, wobei der unikate Geschmack von Jean-Pierre Ponnelle als Ausstatter nach wie vor entzückt, und die Sänger die Kostüme des späten 18. Jahrhunderts tragen. Regisseur Grischa Asagaroff, der das ursprüngliche Konzept realisiert hat, erzielt in der Personenführung die richtige Leichtigkeit. Die Handlung muss keine politischen Statements abgeben, sondern es geht humorvoll einfach um die Menschen, wobei nichts gewaltsam verblödelt wird.

Dirigent Philippe Jordan liefert keinen filigranen, sondern einen schnellen, lebhaften Mozart, der auch (wie etwa zum Finale des zweiten Aktes) ganz schön aufdrehen kann. Die Sänger unterstützt Jordan in jeder Weise, sitzt auch selbst für die Rezitative am Hammerklavier und hält den Abend wunderbar in Schwung.

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Ein „Mozart-Ensemble“ hat man uns immer wieder versprochen, aber seit der Nachkriegszeit (Schwarzkopf und Güden, Seefried, Jurinac und Ludwig, Kunz und Berry, Dermota und Kmentt und noch ein paar kostbare Namen mehr) hat es das nicht mehr gegeben. Nun treten junge Sänger in ihren frühen Dreißigern an, die (mit geringen Einschränkungen hier und dort) durchwegs sympathische Leistungen lieferten, vor allem das führende Quintett der Besetzung, Federica Lombardi als Gräfin, Louise Alder als Susanna, Virginie Verrez als Cherubin, Andrè Schuen als Graf und Philippe Sly als titelgebender „Figaro“.

Und da war noch die Ponnelle-Inszenierung — sie verlieh dem Geschehen den wahren Glanz.

Von Renate Wagner

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