„Dooring“-Unfälle: Der holländische Griff, der Leben retten kann

2019 sind auf Österreichs Straßen laut Statistik Austria 33 Radfahrer tödlich verunglückt. Mehr als 8.100 wurden verletzt, ein Viertel davon schwer. Ein Teil der Unfälle geht dabei auf Kollisionen mit unachtsam geöffneten Autotüren zurück.

Ein Vorgang, der als „Dooring“ bekannt ist. Die unschönen Unfälle könnten aber mit einem simplen Trick aus den Niederlanden vermieden werden: dem „Dutch Reach“.

Beim „holländischen Griff“ öffnen die Insassen eines Autos die Türe stets mit der von der Türe entfernteren Hand. Der Lenker also mit rechts, der Beifahrer mit links. Die Mitfahrer auf der Rückbank verfahren genauso.

Dadurch dreht sich der Oberkörper automatisch zur Seite. Radfahrer, die vorbeifahren oder sich nähern, geraten besser ins Blickfeld. In einigen Ländern wurde der „Dutch Reach“ bereits in offizielle Empfehlungen zum Straßenverkehr aufgenommen. In den Niederlanden selbst wird der Griff in den Fahrschulen unterrichtet.

Auch der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) wünscht sich, dass in der Fahrschulausbildung in Österreich viel stärker auf den holländischen Griff aufmerksam gemacht wird. „Damit ließe sich die Zahl der Radunfälle deutlich reduzieren“, sagte VCÖ-Sprecher Christian Gratzer auf APA-Anfrage. „Gerade jetzt, wo die Coronakrise zu einem Boom des Radfahrens führt.“

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Zwar ist das Gesetz beim Türöffnen streng: Die StVO schreibt vor, dass Türen nicht geöffnet werden oder offen bleiben dürfen, wenn andere Straßenbenutzer gefährdet werden. Dennoch sind Autoinsassen manchmal unachtsam, abgelenkt oder vergessen auf den Blick in den Seitenspiegel.

Ein Student der TU Wien hat 2018 für seine Bachelorarbeit festgestellt, dass in der Bundeshauptstadt jeder zehnte Unfall mit Radbeteiligung ein Dooring-Unfall war. Besonders hoch war das Risiko zu verunglücken dabei auf schmalen Mehrzweckstreifen, wo Radfahrer direkt an parkenden Autos vorbei geführt werden.

Auch eine vom Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) in Auftrag gegebene Studie kam jüngst zum Ergebnis, dass sich Radfahrer sehr stark an Längsmarkierungen wie Leitlinien orientieren. Diese Markierungen bewirken, dass Radler in der Mitte „ihres“ Fahrstreifens unterwegs sind, wo sie durch plötzlich aufgehende Autotüren besonders gefährdet sind.

Laut der Untersuchung bewegten sich im Schnitt drei Viertel aller Radfahrer innerhalb des Türöffnungsbereiches eines Kfz – der etwa 75 Zentimeter breiten „Dooring-Zone“. Der empfohlene Sicherheitsabstand von einem Meter zwischen Rad und Auto ist damit schwer einzuhalten.

Der VCÖ fordert deshalb von der Politik, den Radfahrern generell mehr Platz einzuräumen. „Dort wo Radwege zu schmal sind oder überhaupt fehlen, sollten die Mängel rasch beseitigt werden. Und wenn es wo zu wenig Platz für Radinfrastruktur gibt, dann sollen dort auch keine Autos parken können“, sagte Gratzer.

Damit sich der „holländische Griff“ im Alltag einspielt – es dauert bis der Blick nach hinten in Fleisch und Blut übergeht -, empfehlen Experten, sich Bänder als Erinnerung an die Türgriffe zu binden.

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