Drama, Trauerarbeit, Motzkunst

Landestheater-Rückkehr mit „Amadeus“, Bernhard und Sargnagel

Auch Komponisten brauchen mal ein Päuschen: „Amadeus“ Daniel Klausner, Lorena Emmi Mayer als Constanze.
Auch Komponisten brauchen mal ein Päuschen: „Amadeus“ Daniel Klausner, Lorena Emmi Mayer als Constanze. © Petra Moser

Antonio Salieri ein Kultur-Apparatschik im Dienste des kaiserlichen Hofs zu Wien. Ein Spießer, der dem Herrgott ein keusches und tugendhaftes Leben gelobte, um sich – quasi Gegengeschäft – nur von den Musen der Kunst küssen zu lassen.

Und da kommt dieser schweinigelnde Fratz aus Salzburg dahergelaufen und becirct die Welt? Salieri schleimt sich als väterlicher Ratgeber beim jungen Mozart ein, aber sein Hass auf das Komponistengenie maßlos.

Halt! Musikhistoriker rümpfen hier schon längst das studierte Näschen. Salieri lange Zeit unterschätzt und weitaus mehr als nur biederer Hofkomponist. Und Mozart zu Lebzeiten noch nicht der Superstar (das war damals Haydn).

Schuld an dem unkorrekten Pallawatsch ist der Dichter Alexander Puschkin, der 1830 im Versdrama „Mozart und Salieri“ das Gerücht von Salieris Todfeindschaft samt Giftmord gebar.

Aber wen juckt im Unterhaltungszirkus die Wahrheit, wenn die gute Story lockt? Peter Shaffer, Dramatiker aus Liverpool, studierte zwar eingehend die Biographien Mozarts und Salieris, griff aber auch gerne Puschkins gewagte Thesen auf. Shaffers Theaterstück „Amadeus“ ein Psychodrama, das zum Welterfolg wurde und als Vorlage für Milos Forman diente, dessen (bis heute!) überwältigende Verfilmung 1985 acht Oscars abräumte.

Mit Shaffers Schauspiel „Amadeus“ kehrt das Landestheater ab morgen aus der langen Coronapause zurück. Ein Fest für Theaterliebhaber, Christian Higer gibt in diesem fast schon biblischen Drama – Kain und Abel! – den Salieri, Daniel Klausner den Mozart, Lorena Emmi Mayer plagt und vergnügt sich als Mozarts Ehefrau Constanze mit dem umtriebigen Meister. Markus Völlenklee inszeniert, dem Publikum in Linz ist er bereits durch die Regie von Mitterers „Jägerstätter“-Stück oder von Johann Nestroys „Der Zerrissene“ bekannt.

Alte Meister & Callcenter

Ein Theaterfest verspricht auch Thomas Bernhards „Alte Meister. Komödie“, das am Montag in den Linzer Kammerspielen Premiere hat. Einer von Bernhards garstigsten und zugleich warmherzigsten (!) Texten, 1985 erschienen. Eine Befreiung aus Bernhards Trauer um den Tod seines „Lebensmenschen“ Hedwig Stavianicek, eine Tirade über die Sinnlosigkeit auch der höchsten Kunst angesichts des Todes eines geliebten Menschen.

Der lokale Bezug durch den Autor ohnehin gegeben, werden, wie Regisseur und Schauspielchef Stephan Suschke anmerkt, auch „zwei Säulenheilige des Landes – Stifter und Bruckner – in den Schwitzkasten genommen“. Es spielen Klaus Müller-Beck, Christian Taubenheim, Joachim Wernhart.

Sekkiert und attackiert Bernhard seine Umwelt von „oben“, kommt Stefanie Sargnagels Gesellschaftskritik von „unten“. Die Wienerin erzählt von ihren Erfahrungen als Kunststudentin, während sie in einem Callcenter jobbte („Ich mag die Arbeit eigentlich, sonst hätte mein Tag überhaupt keine Struktur“). Sargnagels Facebook-Einträge erschienen 2013 als „Binge Living“ in Buchform, Uraufführung als Theaterstück ist kommenden Samstag in der Studiobühne des Landestheaters.

Eine Frau, eine Autorin, die gerne säuft, motzt und dabei auch noch verdammt komisch ist, verstört manche Zeitgenossen auch heute noch. Suschke preist Sargnagel in den höchsten Tönen: „Eine Direktheit und Klarheit, mit der sie den Alltag beschreibt. Fernab von Maskeraden, und dann doch wieder der Text zu Kunst orchestriert.“ Daniel Angermayr wählte als Kulisse einen Probenraum wie für eine Rockband, als tönten die Texte aus einem „Keller“. Damit schlösse sich wiederum der Kreis zu Thomas Bernhards Autobiografie.

Von Christian Pichler

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