Ein Juwel in neuem Glanz und sein virtueller Zwilling

Die Osterrieder-Krippe im Linzer Mariendom ist fertig restauriert und jetzt auch virtuell erlebbar

KrippeimDom

Wie im Flug bewegt man sich über und zwischen den Figuren, denen man so nahe kommt wie sonst nie. Jeder Gesichtsausdruck eines Hirten, jede Bewegung, die die Bewohner von Bethlehem gerade auszuführen scheinen, jeder Faltenwurf an der Kleidung und jedes noch so kleine Muster und Motiv werden sichtbar.

So intensiv wie die Figuren erlebt man auch die Landschaft, in die das alles eingebettet ist. Alle möglichen Perspektiven lassen ein Gesamtkunstwerk erschließen.

In die Weihnachtsgeschichte virtuell eintauchen

Wir befinden uns in der Krypta des Linzer Mariendoms, wo die frisch renovierte echte Domkrippe in neuem Glanz erstrahlt. Gleich nebenan kann man mit 3D-Brille über eine große Leinwand in den beschriebenen digitalen Krippen-Mikrokosmos eintauchen, der sich dem Advent, dann der Geburt Christi und schließlich den Heiligen Drei Königen widmet.

Tausende Fotografien waren notwendig, um das audiovisuelle 3D-Kunstwerk als immersives Erlebnis zu schaffen. Das Ars Electronica Futurelab hat die herausfordernde Aufgabe angenommen. Jede Einzelheit der kostbaren Krippe wurde vielfach abgelichtet und dann vom Computer zu digitalen 3D-Modellen zusammengesetzt. So wird jede der rund 80 Krippenfiguren, aber auch ihre Umgebung, bis ins kleinste Detail für den Betrachter erlebbar.

Auf der Homepage (www.krippeimdom.at) kann man einzelne Figuren anklicken und mehr über sie erfahren, in der Krypta läuft auf dem Bildschirm die besondere virtuelle Inszenierung. Die Idee dahinter sei Bestandssicherung, aber auch „die Möglichkeit, den Menschen die Geschichte der Figuren nahezubringen“, so Projektleiter Stefan Mittlböck-Jungwirt-Fohringer vom Ars Electronica Futurelab. Ein wertvoller kunsthistorischer Schatz wird so für die Nachwelt erhalten.

Für das Original, das vom berühmten Münchner Künstler und Krippenbauer Sebastian Osterrieder stammt, zwischen 1908 und 1913 erbaut worden ist und als eine der größte und wertvollsten Krippenanlagen weltweit gilt, sollte das mit der Restaurierung (der allerersten) jedenfalls in den nächsten 40 bis 50 Jahren garantiert sein, meint Petra Weiß vom Bundesdenkmalamt OÖ, das die Restaurierungsarbeiten begleitet hat.

In den letzten beiden Jahren waren dafür viele verschiedene Spezialisten am Werk: Restauratoren, die die Figuren wieder neu gefasst haben, wie es im Fachjargon heißt, also kleine Schäden behoben und Maria, Josef, Jesus & Co wieder „aufpoliert“ haben, Fachleute, die die Krippenlandschaft und die drei Hintergrundbilder entstaubt und renoviert haben und ein Metallspezialist, der die Gloriole, den goldenen Strahlenkranz, mit den vielen kleinen musizierenden Engelchen, wieder auf Hochglanz gebracht haben.

Auch der Rahmen stimmt jetzt: Beleuchtung und Belüftung wurden auf die zwölf Meter lange und fünf Meter tiefe Krippe abgestimmt. Ein neuer, heller Boden macht aus der einst dunklen Krypta einen freundlich anmutenden, einladenden Raum, in dem die Domkrippe ihre ganze Pracht entfalten kann. Der kostbare Schatz ist wieder komplett instand gesetzt und hat zudem einen bereichernden virtuellen Zwilling erhalten. Kostenpunkt für alles zusammen: rund 300.000 Euro.

Den Krippenexperten im Haus (Gottes)

Niemand kennt diese Krippe so gut wie Dompfarrer Maximilian Strasser, für den die Besonderheit des Kunstwerkes auch darin liegt, dass es immer wieder neue Details zu entdecken gebe. Die Bedeutung der Krippe reicht für ihn auch weit über die Weihnachtszeit hinaus: „Sie ist ein Schlüssel zum Verständnis“, sagt Strasser. Etwa jene drei Engel, die über dem neugeborenen Jesuskind schweben. „Sie halten Kelch, Kreuz und Dornenkrone in Händen und erinnern daran, was Jesus erleben wird.“ Der große Strahlenkranz stehe für ihn für Ostern. Für die einzigartige digitale Krippe hat Strasser die erläuternden Texte beigesteuert, die von zwei Schauspielern gelesen werden. Am 2. Dezember (19 Uhr) lädt das AEC online in seinen Deep Space: Dompfarrer Strasser und Experten werden durch die inszenierte Krippenwelt führen (ars.electronica.art).

Wer sich unterstützend einbringen möchte, kann eine Patenschaft für eine Krippenfigur übernehmen, die er als Dankeschön in Form einer 3D-Version erhält, ein Geschenkpaket mit einem klingenden Namen wie „Sternhagelvoll“ erwerben oder einfach eine Spende überweisen.

Die Osterrieder-Krippe und ihr digitales Äquivalent sind täglich von 11 bis 17 Uhr im Dom zu erleben, letztere von 14 bis 16 Uhr auch mit 3D-Brille.

Live-Termine im Deep Space: 18.12., 19.12. und täglich von 26. 12. bis 9.1.

Von Melanie Wagenhofer

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