Ein Ohrenschmaus

Zum 15. Mal wurde der von Franz-Joseph Huainigg ins Leben gerufene Literaturpreis für Autoren mit Lernbeeinträchtigung „Ohrenschmaus“ in der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien vergeben. Unter den Hauptpreisträgern findet sich ein Oberösterreicher, ebenso heimsten drei Literaten aus St. Pius Anerkennungspreise ein.

V. l.: Ohrenschmaus-Partner Hannes Hofer von der MVG (Monopolverwaltung GmbH) überreichte Michael Wilhelm, Herbert Schinko und Inge Weinberger (in Vertretung von Silvia Hochmüller) die Ehrenurkunden. © Fasching

Einer der drei mit 1000 Euro dotierten Hauptpreise ging nach Oberösterreich. Der schon elf Mal ausgezeichnete Peter Gstöttmaier (60), der in der Lebenshilfe-Werkstätte Grein tätig ist, konnte bei der Jury mit seinem Text „Wo is de Zeit hinkemma?“ punkten.

Ebenso die Südtirolerin Annemarie Delleg (34) mit „Die Bildersammlerin“ und der Wiener Robert Saugspier (54) mit „Wie ich meine Lebensgefährtin kennengelernt habe“. Zudem kamen fünf Texte auf die Ehrenliste, acht Gedichte zum Thema „Luftsprung“ wurden im Zuge des Schokopreises ausgezeichnet.

Gstöttmaiers Text sind auch Abschiedsworte an den ehemaligen Leiter der Werkstätte Grein, Walter Edtbauer, der sich nach 40 Jahren in die Pension verabschiedet hat.
Freuen durften sich auch drei Literaten vom Caritas-Standort St. Pius in Steegen/Peuerbach: Michael Wilhelm (54) und Herbert Schinko (40) trugen sich in die Liste der Ehrenpreisträger ein.

Silvia Hochmüller (42) erhielt den Zotter-Schoko-Ehrenpreis. Ihr Text zum Thema „Luftsprung“, und sieben Texte von anderen Literaten, ziert nun die Banderole der heurigen Zotter-Ohrenschmaus-Sonderedition. Insgesamt 92 Autoren hatten ihre Texte eingereicht. Der Literaturpreis fördert seit 15 Jahren in den Kategorien Prosa, Lyrik und Lebensgeschichte Texte von Menschen mit Lernbeeinträchtigung und Schreibtalent. Unter anderem mit Schirmherr Felix Mitterer, Ludwig Laher und Heinz Janisch war die Jury bei der Preisverleihung prominent vertreten.

Hauptpreisträger Peter Gstöttmaier © Lebenshilfe OÖ

Nachdem Schauspielerin Angelika Strasser Michael Wilhelms Text „Nonsens“ vorlas, meinte dieser: „Es ist immer eine Leistung, wenn man geehrt wird. Es ist was Besonderes, wenn prominente Personen der Text gefällt.“ Schreibkollege Herbert Schinko kam – entsprechend dem Titel seines Textes – in gestreiften Socken zur Preisverleihung. Heinz Janisch ging in seiner Laudatio spontan darauf ein. Und Schinko genoss jeden Moment der Preisverleihung. In Vertretung der erkrankten Silvia Hochmüller war ihre Freundin Inge Weinberger nach Wien gereist, die auch Mitglied der Literaturgruppe St. Pius ist.

Literarische Kostbarkeiten

Caritas-Mitarbeiterin Theresia Klaffenböck, Leiterin der Literaturgruppe, freut sich für „ihre“ Literaten: „Der ‚Ohrenschmaus‘, bei dem die besonderen Talente und Fähigkeiten der Menschen ans Licht gebracht werden, ist mittlerweile zu einer Institution geworden. Die Initiative hat unsere Gesellschaft und ihren Blick auf Menschen mit Beeinträchtigungen maßgeblich mitgeprägt. Wenn Defizite einmal keine Rolle mehr spielen, merken wir, welch literarische Kostbarkeiten in den Menschen stecken. Dass ihr Tun eine große Wirkung hat, wird ihnen oft erst durch eine Preisverleihung bewusst. Das wiederum ermutigt sie, voller Freude weiterzuschreiben.“

Bei uns geht es aber nicht ums Gewinnen, sondern ums Schreiben aus Lust und Laune, so Klaffenböck: „Jeder ist neugierig darauf, was der andere schreibt. Wir lachen gemeinsam über besonders originelle Formulierungen. Auch das Schreiben nur zur Psycho- hygiene hat bei uns Platz.“

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