Ein Schauen auf die Gemütslage der Gesellschaft

Kunstuniversität Linz zeigt nach Verschiebung mehr als 40 Arbeiten der Studierenden als „BestOFF“

Medizinische Nahaufnahme: „Nonverbal“ von Danijela Bagaric
Medizinische Nahaufnahme: „Nonverbal“ von Danijela Bagaric © Danijela Bagaric

Ein Apfel, ein Fahrrad, diverse Einrichtungsgegenstände, eine Palme, Insel, Sehnsucht.

Am 30. März 2020 begannen Studierende der Linzer Kunstuniversität zu zeichnen, jeden Tag entstand ein kleinformatiges Werk, in einer ausgewählten Gesamtheit zieren sie heute eine Wand des Ausstellungsraums splace auf dem Hauptplatz und sind Teil der verschobenen Ausstellung „BestOFF“ 2020.

Mehr als 40 Arbeiten von Studierenden, kuratiert von Rainer Zendron und Simone Berlian, sind ab heute bis 3. Juli auch in den beiden Brückenkopfgebäuden zu sehen und demonstrieren die Sicht der Studenten auf unsere aus den Fugen geratene Welt. „Es ist eine gute Schau der Gemütslage — nicht nur der Studierenden, der Gesellschaft“, sagt Rektorin Brigitte Hütter: „Hier werden Fragestellungen geliefert, die nur die Kunst artikuliere kann.“Und diese sollen im besten Fall hitzige Diskussionen auslösen.

Gezeichneter Lockdown

Xia Zheng musste ihren Zeichenkurs 2020 coronabedingt von der Kunstuni in die Küchen, Wohn- und Schlafzimmer ihrer Studenten verlegen, die Arbeiten, die sie ihr ablieferten, bilden uns in einer absurden, aber irgendwie auch schon wieder fernen Phase ab: der gezeichnete Lockdown. „Es ist das Dokument einer Zeit, in der wir alle mit den selben Paradigmen konfrontiert waren“, sagt Barlian und weist damit auf einen Faden, der durch einen Teil der Arbeiten der Studierenden führt.

„#beatthefuckathome“von Balit Budai nähert sich dem Ausnahmezustand Corona nach dem Motto „Wir ballern den Scheissvirus nieder!“. Budai hat ein Virtual Reality-Spiel entwickelt, mit Desinfektionsmittel wird auf Viren geschossen, die Zahl der Infizierten soll sinken. Wer gewinnt, bekommt Masken und — kann sich noch jemand an den Mangel erinnern? — Klopapier.

Geordneter Zu- und Abfall

Nicht alle Arbeiten haben einen direkten Bezug zur Pandemie, manche holen Erinnerungen zurück, lösen ganze Gefühlsbrocken in uns, wie die Malereien von Danijela Bagaric. Bagaric studiert Malerei und Grafik und arbeitet als Krankenschwester. Plastikhandschuhe und Bewegungen, mit denen unsere Körper bei medizinischen Behandlungen Heilung erfahren sollen, hat sie bunt und flächig eingefangen.

Dass die „BestOFF“-Schau den Besucher aber auch in andere Sphären entführen kann, zeigt etwa die Arbeit der Linzerin Klara Huber, die die Comicfigur Carol Danvers zur selbstbewussten Superheldin Carola Danvers macht und dem Betrachter zur Selbstermächtigung auch gleich die passende Strumpfhose liefert. Die ebenfalls aus Linz stammende Alice Hulan bietet eine Installation, in der sich Swingmusik mit politischen Reden aus den 1930ern und von heute mischt.

Mit dem gefühlten Körper setzt sich Michaela Kessler in ihren Zeichnungen „feeling my body“auseinander und Ordnung in den Zufall will Beate Gatschelhofer bringen, die zum Abfall gewordene Töpferreste ihrem Schicksal beim Auf-den-Boden-fallen überlässt. Die entstandenen Miniskulpturen werden gerettet und von der Künstlerin dann für sie passend in Reih´ und Glied sortiert.

Und wer rettet uns? Kann das ein Gottessohn noch erledigen? Maria Czernohorsky sagt mit ihrer Arbeit „Salvatrices & Sal-vatores Mundi“deutlich „Nein“ und stellt dem Jesus aus dem Rekordgemälde viele Menschen zur Seite, die aus der Starrheit der Gemälde heraus zu einem bewegten Retter-Kolektiv werden.

Von Mariella Moshammer

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