„Eine Suchmaschine aus Fleisch und Blut“

Die gebürtige Steyrerin Miriam Hie über ihre Rolle in der heute startenden 2. Staffel von „Vienna Blood“

Miriam Hie als Archivarin Lisa Lindner in „Vienna Blood“
Miriam Hie als Archivarin Lisa Lindner in „Vienna Blood“ © ORF/MR Film/Endor Productions/Petro Domenigg

Ihre Kindheit in Steyr arbeitet sie in einem Kabarettprogramm auf. Als Archivarin ist sie am Samstag, Sonntag und am Montag (20.15 Uhr, ORF 2) in der zweiten Staffel von „Vienna Blood“ zu sehen: Die auch als Moderatorin bekannte Miriam Hie (43) über die Faszination Krimi, starke Frauen und tolle Kollegen.

VOLKSBLATT: Vor einiger Zeit waren Sie im „Tatort“ zu sehen, ab heute in „Vienna Blood“ und demnächst in „Soko Linz“. Sie haben offensichtlich „Krimi-Qualitäten“…

MIRIAM HIE: Blut habe ich ja schon lange geleckt und meine Schauspielausbildung gemacht, noch bevor ich Moderatorin geworden bin. Das Krimi-Genre ist faszinierend. Die Polizeiarchivarin Lisa Lindner, die ich in „Vienna Blood“ spiele, ist eine Spürnase, eine Suchmaschine aus Fleisch und Blut. Meine angeborene Neugier hilft mir da auch. Zu ergründen, was einen Menschen böse macht, das finde ich in Serien, die heutzutage produziert werden, spannend, weil es vielschichtig ist, das Leben nicht nur schwarz-weiß zeigt. In „Vienna Blood“ geschieht das dank des Psychoanalytikers Liebermann, der in die Psyche der Menschen eindringt.

Wie würden Sie Ihre Rollen in den beiden Serien beschreiben?

In „Soko Linz“ arbeite ich im Polizeipräsidium, bin aber die Haustechnikerin, die schaut, dass alles funktioniert. Beide Figuren sind nicht nur hübsches Beiwerk, sondern toughe Frauen, die sich den Mund nicht so schnell verbieten lassen und in einer Männerdomäne tätig sind — zwei coole Socken. Die Haustechnikerin Yara ist ein bissl hantiger, ein bissl bissiger, hat schon viel erlebt. Die Archivarin wird schön eingeführt als wichtige Quelle und bewegt sich gelassen und selbstverständlich.

Wie ist es Ihnen beim englischsprachigen Dreh für „Vienna Blood“ gegangen?

Wir hatten eine Coachin, die uns super vorbereitet hat, und ich muss sagen, es lief gschmeidiger, als ich mir dachte. Es hat riesigen Spaß gemacht, mich auch selber zu synchronisieren. Und was das britische Englisch anbelangt, da hatte ich zum Glück in Steyr einen Lehrer, der das praktiziert hat, das hat mir vielleicht auch ein bisschen geholfen.

Sie sind für Recherchen zuständig, haben Sie sich mit den Methoden von anno dazumal beschäftigt?

Ich bin schon in die alte Zeit eingetaucht, habe mich über Archivarbeit informiert und für die Rolle recherchiert und herausgefunden, dass damals die ersten chinesischen Polizeistudenten in Wien waren, es auch schon einen chinesischen Botschafter gab und chinesische Familien, die hier gelebt haben. Wien war damals bunt.

Was macht das Besondere an „Vienna Blood“ aus?

„Vienna Blood“ ist atmosphärisch hervorragend gemacht, es ist sehr leicht und sehr schön, in diese Zeit einzutauchen.

Die Folge „Die traurige Gräfin“ mit Sunnyi Melles, deren Präsenz und Schauspielkunst ich sehr bewundere, ist meine Favoritenfolge, nicht nur, weil ich da das erste Mal auftauche. Da geht es um Traumdeutung, Verdrängung, schlechtes Gewissen und Sexualität. Das fängt schon mit einem Kracher an.

„Vienna Blood“ wird fortgesetzt. Wird Ihre Figur auch einmal näher beleuchtet?

Die Geschichte von Lisa Lindner wird weitererzählt und womöglich erfährt man ein bisschen mehr über sie. Das war jetzt einmal ein gutes Ankommen als neuer Charakter mit einem Duo, das schon zusammengewachsen ist: Juergen Maurer und Matthew Beard sind tolle Kollegen und verstehen sich auch abseits der Kamera wirklich gut.

Wie geht es mit Ihrem Kabarettprogramm „Who is Hie?“, das Sie wegen Corona unterbrechen mussten, weiter?

„Who is Hie“ ist tatsächlich noch ein recht frisches Baby, ich hatte damit im September 2019 Premiere, wegen Corona gab es seither aber noch nicht viele Auftritte. Seit Sommer trete ich wieder damit auf. Ich erzähle darin über meine Kindheit und Jugend in Steyr und spreche an, dass ich als Frau mit asiatischer Herkunft doch gern für die Klischeerollen besetzt wurde. Das bricht jetzt zum Glück schön langsam auf.

Wie haben Sie die Corona-Zeit erlebt?

Als selbstständige Künstlerin lebt man recht ähnlich, ist oft zuhause, arbeitet viel am Schreibtisch. Ich hatte anfangs das Gefühl, dass viele Leute den Zustand erleben, so wie ich ihn oft erlebe. Freilich waren die Gegebenheiten anders. Die Vergänglichkeit ist mir bewusst geworden, das hat eine Melancholie in mir erzeugt, die ich noch nicht kannte. Und auch das Bestreben, dass man Ziele noch konkreter anpackt, aber auch die Lebensqualität noch stärker und bewusster erlebt. Ich bin aber sehr privilegiert gewesen, habe fünf Produktionen in Film und Fernsehen in der Pandemie-Zeit spielen dürfen.

Würde Sie auch einmal eine Komödie reizen?

Wer mich kennt, weiß, dass ich immer schon der Clown bin. Humor hat mein Leben schon das eine oder andere Mal gerettet. Vor der Kamera in einer Komödie spielen? Ja, natürlich! Ein bissl geschnuppert hab ich schon in Marie Kreutzers Komödie „Was hat uns bloß so ruiniert“.

Sie haben für den ORF Sendungen präsentiert, später für Servus TV. Warum haben Sie als Moderatorin aufgehört?

Ich arbeite nach wie vor als Event- und Veranstaltungsmoderatorin und habe mich aus dem Fernsehstudio bewegt, um mich auf die Schauspielerei zu fokussieren.

Sind Sie manchmal in Steyr?

Ja, meine Eltern leben ja nach wie vor in Steyr. Steyr ist für mich das absolute Zuhause, ein Kraft spendender Ort. Ich hoffe auch, hier mein Comedy-Programm spielen zu können. Im Alten Theater habe ich erste Bühnenerfahrungen gesammelt als junge Klavierspielerin.

Was sind Ihre nächsten Pläne?

Wir bereiten uns schon auf die nächsten Drehs für „Soko Linz“ und „Vienna Blood“ im nächsten Frühjahr vor. „Who is Hie?“ wird weitergespielt. Ansonsten bin ich offen für neue Projekte.

Mit MIRIAM HIE sprach Melanie Wagenhofer

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