Eine tiefe Liebe entgegen der gesellschaftlichen Verachtung

Sebastian Meises „Große Freiheit“ mit herausragenden Darstellern

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Was ist, wenn Liebe nicht bloß ein Mascherl ist, das Tüpfchen auf dem I des Lebens, sondern letztlich dessen einziger Inhalt? Der österreichische Filmemacher Sebastian Meise erzählt in seinem neuen Film genau das: die Liebe zweier Menschen zueinander, die in einer vollkommen absurden Umgebung wächst, bis sie vollkommen ist.

„Große Freiheit“ ist nicht nur der österreichische Kandidat für den Auslandsoscar, es ist ein Stück deutsche und österreichische Geschichte, die es unbedingt zu erzählen gilt.

Hans ist homosexuell und landet einzig deswegen 1968 hinter Gittern, und es ist nicht das erste und soll nicht das letzte Mal bleiben. Der Paragraf 175 (in Österreich war es der 129er) verbietet schwule Beziehungen, sperrt „Täter“ an der Seite Krimineller ein. So einer ist Viktor, ein zu lebenslanger Haft verurteilter Mörder.

Hans und Viktor werden sich über Jahrzehnte immer wieder im Gefängnis begegnen, wichtig füreinander werden, weggesperrt von der Gesellschaft das Überleben miteinander schaffen. Während Hans auch ein Leben außerhalb der Mauern und des Stacheldrahtes erlebt, bleibt für Viktor alles immer gleich und der Mann, den er anfangs brutal ablehnt, wird zu seiner Konstanten.

Behutsame Annäherung mit Spannung

Vom ersten bis zum letzten Moment des Films stimmt die Chemie zwischen den beiden herausragenden Hauptdarstellern Franz Rogowski und Georg Friedrich. Die Annäherung von Hans und Viktor findet so behutsam, aber auch voller Spannung statt, wie selten in einem Liebesfilm. Und das ist „Große Freiheit“zweifelsohne.

Was zwischen den beiden Männern entsteht, ist eine tiefe Freundschaft und eine bedingungslose Liebe, die sowohl die Unfreiheit des Gefängnisses vergessen lässt, als auch die Ungeheuerlichkeit des Verbotes dieser Beziehung.

In einer der intensivsten Szenen deckt Meise eine historische Lücke auf: Auf Hans’ Unterarm prangen eintätowierte Ziffern, der junge Deutsche wurde von den Nazis aufgrund seiner Homosexualität ins KZ gesperrt, die US-Alliierten beförderten ihn 1945 direkt ins Gefängnis zum Absitzen seiner Haftstrafe. Als er mit Viktor eine Zelle teilt, bietet dieser Hans an, diese Ziffern mit einer neuen Tätowierung zu überdecken.

Wie die Liebe abbilden, ohne Klischees und hundertmal Gesehenes zu zeigen? Sebastian Meise gelingt das auf nuancierte Weise. Jede Begegnung von Hans und Viktor lässt die beiden mehr zu einem Bollwerk gegen die gesellschaftliche Verachtung werden. Einen gemeinsamen Moment der Freiheit vergönnt Meise, der gemeinsam mit Thomas Reider auch für das Drehbuch verantwortlich zeichnet, seinen Protagonisten nicht. Aber diese Liebe funktioniert auch so.

Von Mariella Moshammer

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