Einzige Frau im Vorstand bricht mit Islamischer Glaubensgemeinschaft

Fatma Akay-Türker tritt nach uneingelösten Versprechen an Frauen zurück und will auch nicht mehr islamische Religionslehrerin sein

Ihre Dissertation hat sie über die zweite Türkenbelagerung Wiens geschrieben — jetzt kapituliert sie vor der Männerbelagerung der österreichischen Muslime-Vertretung: Fatma Akay-Türker tritt als einzige Frau im Obersten Rat der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) zurück.

Sie wollte dem 15-köpfigen Führungsgremium nicht mehr angehören, weil ihr in punkto Frauenangelegenheiten und Geschlechtergerechtigkeit „vieles missfällt“, wie sie dem VOLKSBLATT mitteilt. Über Details ihrer Beweggründe will sie zu einem späteren Zeitpunkt sprechen. Der Bruch der bisherigen IGGÖ-Frauensprecherin mit ihrer Gemeinschaft ist jedoch ein totaler: Ausdrücklich betont die überzeugte Kopftuchträgerin, „dass ich somit keinerlei Verbindung zu einer Institution, Organisation oder politischen Einrichtung habe“.

Das hat auch beruflich einschneidende Konsequenzen: Die bislang an mehreren niederösterreichischen Gymnasien tätige Religionslehrerin kann diesen Beruf nicht mehr ausüben, da über die Bestellung von Islam-Lehrerinnen die IGGÖ bestimmt.

Enttäuschte Hoffnungen

Hintergrund der seit Längerem gereiften und in kryptischen Facebook-Posts Mitte Mai schon angedeuteten Entscheidung sind uneingelöste Versprechen der IGGÖ-Männerriege. Deren seit eineinhalb Jahren amtierender Präsident Ümit Vural hatte den Frauen Hoffnung gemacht, dass die auf drei Imamekonferenzen 2003, 2006 und 2010 längst beschlossene Öffnung der Führungsgremien für mehr Frauen endlich umgesetzt wird. „Ich habe mir vorgenommen, Frauen innerhalb der Glaubensgemeinschaft mehr Möglichkeiten zu geben“, versprach Vural und äußerte im Vorjahr gar die Hoffnung, dass es „vielleicht nach mir eine Präsidentin der Glaubensgemeinschaft geben wird“.

Die Frauen hatten im März 2019 mit der Deklaration „Musliminnen am Wort“ den Druck erhöht. Darin fordern die Unterzeichnerinnen „mehr Teilhabe und Mitsprache von Frauen in Organisationen und Führung muslimischer Vereine und Institutionen“.

Jetzt nur noch Männer an der IGGÖ-Spitze?

Doch der Zug fährt jetzt offenbar in die entgegengesetzte Richtung. Die Entscheidung über Akay-Türkers Nachfolge soll nämlich schon am Wochenende gefallen sein. Wie die nunmehrige Ex-Frauensprecherin zum VOLKSBLATT sagt, sei ein Mann zum neuen Mitglied im Obersten Rat gekürt worden.

Den Namen nennt sie nicht. Auf der IGGÖ-Homepage wurde die Personalrochade im höchsten Gremium noch nicht kundgetan. Seitens der Glaubensgemeinschaft war niemand für eine Stellungnahme erreichbar.

Von Manfred Maurer

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