„Entführung aus dem Serail“: Triumph der intimen Gefühle

Feinsinniger Mozart edelt „30 Jahre Oper Burg Gars“

Tamara Ivanis (Blonde) und Ian Spinetti (Pedrillo)
Tamara Ivanis (Blonde) und Ian Spinetti (Pedrillo) © Oper Burg Gars/Andreas Anker

Ein Wechselbad der Gefühle gab es für jene Opernbesucher, die am Mittwoch die Premiere von Puccinis „Turandot“ im Steinbruch von St. Margarethen und am Donnerstag jene von Mozarts „Entführung aus den Serail“ anlässlich der 30-Jahr-Feier der „Oper Burg Gars“ miterleben durften.

Der großen Materialschlacht mit inhaltlichen Defiziten folgte n die minimalistische Aufführung des Singspieles.

Nach den dramaturgischen Ideen des Intendanten Johannes Wildner, der Bizets „Carmen“ abermals um ein Jahr verschob, schuf Tristan Schulze eine Fassung für Kammerensemble und die auch für Regie, Bühne und Kostüme verantwortliche Lisa Padouvas eine neue Gestaltung der Dialoge.

Musikalische Leckerbissen

Was viele Musikfreunde seit Wochen diskutierten und als unmöglich bezeichnet hatten, geschah: Die Idee Wildners griff zur Gänze. Die fünf Sänger, die allesamt Deutsch nicht als Muttersprache haben, studierten die Texte penibel und steuerten musikalische Leckerbissen bei.

Man hatte den Eindruck, dass man sich auf die wesentlichen Inhalte dieser mit menschlichen Problemen übersättigten Oper noch selten so konzentrieren konnte wie diesmal, wobei man auf das Thema „Singspiel“ trotz schwerwiegender menschlicher Differenzen zwischen der Welt des Bassa Selim und seinen zuletzt frei gelassenen Sklaven den Hauptakzent legte.

Wildner setzte sich als musikalischer Leiter und Primus inter Pares ans Pult der ersten Violine. Das Kammerorchester ergänzten mit Spiellust und technischer Brillanz Yoanna Ruseva (2. Violine), Reinhold Rieger (Viola), Young Jung (Violoncello), Julian Kabas (Kontrabass) und als Regler zwischen und mit den Streichern der Akkordeonist Nikola Djoric. Verzichtet wurde demnach aus covidbedingten Gründen auf großes Orchester und den zur Bestätigung der Wichtigkeit des Bassa Selim nötigen Chor.

Als Belmonte zeigte der figürlich benachteiligte Siyabonga Maqungo seine enorme Modulationsfähigkeit, die rein aus der lyrischen Perspektive zu genießen ist. Sooyeon Lee, eine zarte Sopranistin, hatte die Aufgabe, in ihrer Darstellung trotz des Treuegelöbnisses an Belmonte auch ihre Sympathie für den attraktiven Bassa Selim darzustellen, was ihr blendend gelang.

Auch die dunkelhaarige Tamara Ivanis als Blonde entfaltete ihre überwiegend koloraturenbetonten Fähgkeiten. Ian Spinetti ist ein herziger, naiver Pedrillo, dessen Saufgelage mit Osmin musikalischen Genuss und diskrete Heiterkeit vermittelt. Jacques-Greg Belobo ist der wohl gemütlichste böse Aufseher Osmin, was vielleicht auch daran liegt, dass sein wohltönender Bass doch in der Tiefe Probleme aufweist.

Für eine der berühmtesten Sprechrollen der Musikgattung Oper, den Bassa Selim, konnte man Stephan Paryla-Raky gewinnen, der mit seiner Sprachmelodie, Präsenz, seinem Charme, jedoch auch mit seinen letztlich leeren gefährlichen Drohungen begeistert.

Neben den beiden gemütlichen Dienern des Pascha wurde offensichtlich ein betagtes Zwillingspaar betraut: Karl und Leopold Denk. Ihnen und den weiteren Personen im Team gilt ein Pauschallob.

Das begeisterte Publikum spendete anhaltenden Applaus, waren doch die meisten Opernfreunde mit geringeren Erwartungen angereist, um letztlich ein Meisterwerk in neuer Fassung zu erleben, möglicherweise als Vorbild für Nachahmer.

Vorstellungen bis 7. August, www.operburggars.at

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