„Er ist ein naiver, schusseliger, Columbo-artiger Bobo“

In Linz war er das „Sternchen“, von Kitzbühel geht es nun für Andreas Kiendl zur „SOKO Donau“

Andreas Kiendl
Andreas Kiendl © ORF/Satel Film

„SOKO Kitzbühel“-Cop Klaus Lechner ist zurück — jedoch nicht in den Tiroler Bergen, sondern im Flachland.

Andreas Kiendl (45), derzeit im ORF auch bei den „Vorstadtweibern“ unterwegs, taucht am 23. Februar erstmals als Ermittler bei der „SOKO Donau“ auf.

VOLKSBLATT: In Ihrer ersten Folge von „SOKO Donau“ gibt es für ein neues Mädchen im Fußballverein eine Aufnahmeprüfung. Gab es die für Sie als Neuling auch?

ANDREAS KIENDL: (lacht) Das ist mir Gott sei Dank aufgrund meiner Vita erspart geblieben. Ich habe das Gefühl gehabt, von Anfang an gewollt zu sein. Das ist energetisch bei den langen Drehtagen super, außerdem habe ich mich nach dieser zehnjährigen Pause wieder auf diese Aufgabe gefreut und es macht nach wie vor Spaß.

Und Schießtraining haben Sie als erprobter Fernseh-Polizist ja auch nicht gebraucht …

Ja und meine Figur ist nicht so der Schießer, eher der Frager.

Ihre Figur ist ja auch recht zurückhaltend. Welche Position wird sie im Team einnehmen?

Ich habe das Glück gehabt, dass ich bei meiner Figur ein bisschen mitschreiben durfte. Ich wollte etwas ausprobieren, das man nicht immer sieht. Er ist nicht dieser abgebrühte, toughe Zyniker, sondern eher ein naiver, schusseliger, Columbo-artiger Bobo, der so mitschwimmt. Ich glaube, das ist eine ganz gute Ergänzung zu dem altgedienten Carl Ribarski, den Kollegen Stefan Jürgens spielt.

Wie hat es Ihnen denn auf Kaisers Spuren beim Dreh im tiefverschneiten Bad Ischl gefallen?

Die Stadt war leer, das Wetter schön, zum Drehen praktisch, aber nichtsdestoweniger hat das so ein „Shining“-artiges Gefühl, wenn man in einem Hotel sitzt und man kriegt in der Aluglocke das Essen serviert. Wir werden zweimal die Woche getestet und angehalten, ganz besonders brav zu sein. Dass wir 120 Drehtage ohne Coronafall durchgedrückt haben, das war schon fast wie ein Wunder. Ich muss fast sagen, dass ein positiver Aspekt der Pandemie war, dass die Leute so dankbar sind, dass sie arbeiten dürfen, dass man alles rundherum in Kauf nimmt. Wirklich ein solidarischer Akt.

Vor „SOKO Donau“waren Sie vor nicht allzu lange Zeit noch der Neue bei den „Vorstadtweibern“. Wie war da der Einstieg ins bewährte Team?

Das ist was ganz Anderes, dieses „Vorstadtweiber“-Dingsbums. Ich habe es als echten Ritterschlag empfunden, dass die mich da reingeschrieben haben, weil das doch eine sehr handverlesene Truppe ist. Mich amüsierte es von Anfang an, so eine radikale Position einzunehmen, so ähnlich wie Philipp Hochmair.

Mögen Sie die Figur mehr als den braven „SOKO“-Polizisten?

Ich finde den Peter Herold super, weil für mich gab es das reale Vorbild Peter Hochegger. Der hat mich immer schon interessiert. Das ist ja so ein überhöhtes Format, da darf man Dinge tun, die darf man woanders nicht. Ein noch größerer Genuss was das betrifft, ist für mich „Schnell ermittelt“. Da habe ich eine Figur, die ist wie ein Comic. Da liegt meine Sehnsucht drin, dass diese Figur möglichst lange noch weiterleben möge.

Die Figur in den „Vorstadtweibern“ wird bald zu Ende gehen. Traurig darüber?

Ich weiß, dass jetzt noch eine finale Staffel gedreht wird, in der alle Figuren noch einmal auftauchen sollen. Natürlich möchte ich da mitmachen, wenn es meine zeitlichen Ressourcen zulassen. Aber ich glaube, die Geschichte hat sich erzählt. Autor Uli Brée hat es auf den Punkt gebracht: „Wenn jeder mit jedem geschlafen hat, dann ist es Zeit, aufzuhören.“ Bei der „SOKO“ ist so ‘was ja nicht in Sicht.

Sie haben vor Jahren am Linzer Landestheater im Ensemble gespielt. Welche Erinnerungen haben Sie an diese Zeit?

Ach, das war eine wahnsinnig intensive, wichtige Zeit für mich. Das war mein erstes Engagement an einem echten Theater. Unter den üblichen üblen Bedingungen — 8 m² Dienstwohnung, Anfängergehalt und meine erste Rolle war das „Sternchen“ in „Peterchens Mondfahrt“ — habe ich mich in Linz extrem wohlgefühlt. Das ist eine Stadt, die ist in Österreich ganz einzigartig. Wir haben gerade gedreht in Linz und ich bin wieder richtiggehend sentimental geworden.

Eine schlechte Erinnerung haben Sie, oder? An eine Raimund-Inszenierung …

Ja, das war schrecklich. Das war auch der Grund, warum ich das Engagement beendet habe. Man verkauft am Theater seinen Körper und seine Lebenszeit und die können damit machen, was sie wollen. Und dieses Gefühl wollte ich nie wieder haben. Darum habe ich mich auch dem Drehen zugewandt.

Das heißt, Theater ist kein Thema mehr für Sie?

Ich habe vor Jahren was für den Steirischen Herbst gemacht. Mich interessiert eher so Avantgarde, ich bin da ganz offen. Aber was ich nicht haben kann, sind diese wochenlangen Prozesse, wo ich das Gefühl habe, ok, das habe ich schon mal gehört.

Seriendrehs müssen schnell gehen, sind durchorganisiert — haben Sie Lust, wieder einmal so ein Projekt wie „Die unabsichtliche Entführung der Frau Elfriede Ott“ zu machen?

Absolut! Mittlerweile habe ich mich dem Schreiben zugewandt, einen Roman herausgebracht und arbeite auch als Dramaturg bei Drehbüchern mit. Und genau so etwas habe ich jetzt gerade im Köcher. Das möchte ich, wenn es geht, noch heuer machen, so eine Low-Budget-Komödie.

Wieder in der alten Besetzung?

Nein, das haben wir versucht, aber da sind wir leider gescheitert. Es gab durchaus mal den Plan für einen zweiten Teil, aber das hat sich dann so in die Länge gezogen, da hat der Michi Ostrowski dann zu Recht gesagt, der habe nur Sinn, wenn es besser wird, als der erste.

Ist das Schreiben eine alte Leidenschaft, oder durchs Spielen gekommen?

Ich habe schon frühzeitig begonnen, es dann aber lange brach liegen lassen. Und jetzt ist es mir ein Bedürfnis geworden. Ich finde es eine tolle Alternative zum Schauspiel, weil es dem so entgegengesetzt ist. Als Schauspieler braucht man immer ein Drumherum, die Struktur, die Möglichkeit, das tun zu dürfen, was man machen will. Als Autor ist man eigenverantwortlich.

Schreiben ist ja eine der Kunstformen, die während Pandemiezeiten umzusetzen war. Wie ist es Ihnen denn ergangen im vergangenen Jahr?

Ich muss sagen, ich habe im letzten Jahr kein Wort geschrieben und so wenig gelesen, wie noch nie in meinem Leben zuvor. Weil ich so voll war. Erstens hat diese Pandemie mich erschreckt, wie es glaube ich, vielen ergangen ist. Und zweitens habe ich einen zwölfjährigen Sohn und eine achtjährige Tochter, ich bin der Koch zuhause, ich war fertig am Abend. Den ersten Lockdown habe ich mit meinen Kindern in meinem Haus in der Steiermark verbracht. Das ist ein Fulltime-Job. Daneben noch die Dreharbeiten. Im Moment sind meine Ressourcen aufgebraucht.

Gerade als Künstler schöpft man aus jeder Erfahrung etwas. Was werden Sie aus dieser Zeit mitnehmen?

Ich glaube, dass es durchaus die Möglichkeit für einen Paradigmenwechsel geben könnte. Ich glaube auch, dass Teile der Bevölkerung bereit wären. Andere Themen, die nicht weggehen werden, Stichwort Klimawandel, dass wir da ein bisschen kon- struktiver und reflektierter werden. Und ich würde mir halt sehr wünschen, dass gewisse Dinge, die wieder wertvoll geworden sind, wie Sozialkontakte, das Physische, die Belegung des öffentlichen Raums, auf die Nachbarn schauen …, dass das Pendel ein bisschen mehr in diese Richtung ausschlägt.

Mit ANDREAS KIENDL sprach Mariella Moshammer

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