EU-Finanzminister vor Einigung auf gemeinsame Coronahilfen

Die Europäische Union steht vor der Einigung auf ein gemeinsames Coronahilfspaket im Umfang von einer halben Billion Euro.

„Jetzt ist es aber wichtig, dass wir das endgültig hinbekommen“, sagte der deutsche Finanzminister Olaf Scholz unmittelbar vor einer Videokonferenz mit seinen EU-Amtskollegen am Donnerstagnachmittag. Auch die Niederlande signalisierten Kompromissbereitschaft.

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Die EU-Finanzminister wollten um 18.00 Uhr neuerlich zu einer Videokonferenz zusammenkommen, nachdem sie sich in der Nacht auf Dienstag nach 16-stündigen Marathonverhandlungen vertagt hatten.

Dem Vernehmen nach war eine Einigung am Widerstand Den Haags gescheitert, das auf strenge Bedingungen für die Ausschüttung von Coronahilfen gedrängt hatte.

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Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte sagte am Donnerstag, er halte eine Einigung für möglich. Zugleich ließ er die Möglichkeit von Ausnahmen von den Bedingungen zu, wenn es um das Decken von medizinischen Kosten gehe.

„Wir versuchen, das Maximum zu tun, um die Verhandlungen zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen“, sagte Rutte.

100 Milliarden für Kurzarbeit

Die EU-Staaten sind sich grundsätzlich einig, dass in der Coronakrise ungenutzte Gelder des Euro-Rettungsschirms ESM angezapft werden sollen. Laut dem auf dem Tisch liegenden Vorschlag sollen bis zu 240 Milliarden Euro an ESM-Krediten gezahlt werden. Umstritten sind jedoch die Bedingungen für die Kredite.

Weiters soll es Kredite der Europäischen Investitionsbank (EIB) von bis zu 200 Milliarden Euro für Firmen geben. Dritter Teil des Pakets ist der Vorschlag der EU-Kommission, Kurzarbeit mit bis zu 100 Milliarden Euro zu unterstützen.

Scholz zeigte sich vor der Videokonferenz optimistisch. „Man kann schon jetzt sagen vor dem Treffen: Es sieht danach aus, dass eine Einigung möglich ist.“

Er verwies darauf, dass es seit der Unterbrechung der Beratungen in der Nacht auf Mittwoch „viele bilaterale Gespräche“ gegeben habe. Die „Pause“ habe dazu geführt, „dass alle ihren Willen gesteigert haben“.

„Vorsichtig optimistisch“ gab sich auch der österreichische Finanzminister Gernot Blümel. Schließlich seien von 23 Punkten 20 bis 21 bereits bei der Sitzung am Dienstag „völlig außer Streit“ gestanden, sagte er am Donnerstag in einem Videogespräch mit Journalisten.

Eine Einigung sei möglich, wenn „alle einen Schritt aufeinander zugehen. Österreich ist dazu bereit“.

Kritik von Blümel

Blümel übte aber zugleich wenig verhüllte Kritik an Italien, indem er an den Konflikt der populistischen Vorgängerregierung mit Brüssel in der Frage der Einhaltung der Defizitkriterien erinnerte.

„Ich halte es für höchst unsolidarisch, wenn manche Länder in guten wirtschaftlichen Zeiten sich nicht an die Regeln halten und dann in schlechten wirtschaftlichen Zeiten nach Solidarität rufen“, sagte Blümel.

„Ich hoffe, dass es zu einem Ergebnis kommt, das wäre einfach ein sehr gutes Zeichen – zumal man sich sehr nahe ist“, sagte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel. Sie bekräftigte europäische Solidarität sei dringend nötig.

Deutschland sei dazu bereit und auch verpflichtet, es gebe aber unterschiedliche Instrumente. „Sie wissen, dass ich nicht glaube, dass wir sozusagen eine gemeinschaftliche Haftung haben sollten“, sagte Merkel. Es gebe aber viele andere Möglichkeiten, Solidarität zu zeigen.

Italien drängt seit Wochen vehement auf Gemeinschaftsanleihen und verbindet entsprechende Forderungen regelmäßig mit düsteren Untergangsszenarien für Europa. So sagte der italienische Ministerpräsident Giuseppe Conte am Donnerstag der BBC, die Existenz Europas stehe auf dem Spiel.

Die Unterstützung für Coronabonds hat jüngst aber deutlich nachgelassen. Auch Befürworter von gemeinsamen europäischen Anleihen wie der frühere EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, der Eurobonds als Eurogruppenchef selbst ins Spiel gebracht hatte, ging auf Distanz. Es sei nämlich „nicht über Nacht möglich, Coronabonds in die Welt zu setzen“, sagte Juncker der Tageszeitung „Der Standard“ (Donnerstagsausgabe).

„Das dauert zu lange. Es ist aber Dringlichkeit geboten“, so Juncker. EZB-Chefin Christine Lagarde verwies ebenfalls auf Alternative. „Ich denke nicht, dass wir uns auf Corona-Bonds fixieren sollten“, sagte sie der französischen Zeitung „Le Parisien“.

Karas drängt auf Einigung

ÖVP-Europaabgeordneter Othmar Karas drängte die Finanzminister indes zu einer Einigung. „Wenn es brennt, dann rückt die Feuerwehr unverzüglich aus, um das Feuer zu löschen. Die EU-Finanzminister als Krisenfeuerwehr für Europa müssen das (…) Hilfspaket daher dringendst verabschieden“, so Karas in einer Aussendung.

Sollten sich die Finanzminister einigen, muss das Paket noch von den Staats- und Regierungschefs abgesegnet werden.

Dies könnte in einer Videokonferenz noch vor Ostern passieren. Auf persönliche Treffen verzichten die Regierungsvertreter der EU-Staaten seit Ausbruch der Coronakrise.

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