Friedlicher Protest im Traumland

Als Symbol für den Weltfrieden blieb John Lennon (1940-1980) nach seiner Hochzeit mit Yoko Ono im „Bed-In“ wochenlang im Bett. Es war nur eine von vielen unvergesslichen Aktionen. Noch besser hat nur Lennons Musik die Zeit überdauert: 40 Jahre nach seinem Tod klingt sie Menschen aus aller Welt noch immer in den Ohren – sogar jenen, die zu seinen Lebzeiten noch nicht geboren waren. Als Mitbegründer, Sänger und Gitarrist der Beatles wurde Lennon zur Musiklegende. Am 9. Oktober hätte der Brite seinen 80. Geburtstag gefeiert – tatsächlich zelebrieren durfte er allerdings nur die Hälfte.

Und doch hat Lennon ein gewaltiges Vermächtnis hinterlassen: Er war neben seinem Bandkollegen Paul McCartney jener Beatle, der die meisten Stücke schrieb. Nebenbei nutzte Lennon den Rockstar-Status trotz seiner Introvertiertheit dahingehend, mit seiner Ehefrau Yoko Ono für den Weltfrieden einzutreten.

Für die teils exzentrischen Friedensaktionen blieb nach der Trennung der Beatles mehr Zeit. John fühlte sich frei und startete eine Solokarriere, die Alben wie „Imagine“ (1971) hervorbrachte, dessen gleichnamiger Song noch heute nachdenklich stimmt.

Dabei war der Aufstieg des Rockstars, der seinen musikalischen Durchbruch mit den legendären Beatles zu Beginn der 1960er-Jahre feierte, alles andere als ruhmreich und einfach. Dem Jungen mit dem Namen John Winston Lennon wurde eine Vielzahl von Steinen in den Weg gelegt, seine Kindheit scheint wenig beneidenswert.

John Lennon wurde 1940 als Sohn des Matrosen Alfred Lennon und dessen Ehefrau Julia in Liverpool geboren. Der Junge wuchs weitgehend vaterlos auf, da sich dieser während des Zweiten Weltkriegs oft auf See befand und die Eltern sich 1945 trennten. Die Mutter brachte das Kind eines anderen Mannes zu Welt, John wuchs in der Folge bei seiner Tante Mary Smith auf, wo sich seine Virtuosität offenbarte.

Der jugendliche Lennon näherte sich beim Banjo-Lernen wieder seiner Mutter an, wenig später, im Jahr 1958, verlor er sie durch einen Autounfall. Als erwachsener Mann meinte Lennon, er habe seine Mutter zwei Mal verloren, einmal durch die Trennung von seinem Vater und das zweite Mal durch den Unfall.

Wie aus den Quarrymen die Beatles wurden

Der junge John Lennon (vorne r.) mit der typischen Beatles-Pilzfrisur … ©dpa

Mit knapp 16 Jahren gründete John Lennon mit Pete Shotton die Rock’n’Roll-Band The Quarrymen. Paul McCartney stieß nach wenigen Monaten zur Gruppe hinzu und brachte schließlich George Harrison in die Band. Mit Bassist Stuart Sutcliffe und Schlagzeuger Pete Best waren The Beatles, wie sie sich schließlich nannten, in ihrer Urform komplett. Es folgten erste Auftritte in Hamburg, weitere in Liverpool.

Bald verließ Sutcliffe die Band und Ringo Starr ersetzte Pete Best am Schlagzeug – die Beatles, wie sie Weltberühmtheit erlangten, waren komplett und verzeichneten bereits mit ihrem ersten Album „Please Please Me“ überwältigende Erfolge. Von da an ging es steil bergauf: Die erste US-Tournee startete 1964 und der schreibwütige Lennon kreierte ein Meisterwerk ums andere. Privat hatte sich einiges für ihn geändert: 1962 hatte John Lennon Cynthia Powell geheiratet, weil diese ein Kind von ihm erwartete. 1963 kam Julian zur Welt, dessen Kindheit der viel reisende Vater kaum miterlebte.

Die Welttournee der Beatles von 1966 wurde von Ausschreitungen überschattet, da Lennon behauptet hatte: „Wir sind heute beliebter als Jesus – ich weiß nicht, was zuerst verschwinden wird, der Rock’n’Roll oder das Christentum.“ Die Musiker zogen sich ins Studio zurück, veröffentlichten 1968 nach einiger Kontemplation das als „White Album“ bekannte „The Beatles“.

Yoko Ono: Der Beginn vom Band-Ende?

Lennon lernte Yoko Ono 1966 kennen, sie wurden ein Paar und veröffentlichten ein gemeinsames Album, „Unfinished Music No. 1: Two Virgins“, auf dessen Cover die beiden nackt sind.

Etwas später mit seinem Marken-zeichen, der Nickelbrille. ©dpa

Kurz darauf ließ sich Lennon von Cynthia scheiden. Schon 1969 folgte ein weiteres Album mit Yoko, die Lennon noch im selben Jahr zur Frau nahm. Sein vollständiger Name lautete von da an John Winston Ono Lennon. Das frisch vermählte Ehepaar machte auf seinen Flitterwochen mit Aktionen für den Frieden auf sich aufmerksam, blieb u.a. wochenlang im „Bed-In“ für den Weltfrieden im Bett. Der Musiker erklärte damals: „Es gibt eine Alternative zum Krieg: Im Bett bleiben und die Haare wachsen lassen.“

Doch seine vielfältigen Projekte hatten für den legendären Musiker, der längst seinen Beatles-Look inklusive der Pilzfrisur abgelegt und die Nickelbrille für sich entdeckt hatte, einen Preis: Lennon entfernte sich zusehends von den restlichen Beatles. In der Folge verstrickten sich die Bandmitglieder immer mehr in Meinungsverschiedenheiten und Lennon ließ am elften Album der Beatles, „Abbey Road“, kein gutes Haar. Im April 1970, nach zehn intensiven Jahren, trennten sich die Beatles auf John Lennons Wunsch, erboste Fans machten Yoko Ono für die Auflösung verantwortlich.

Auflösung der Beatles als musikalische Wiedergeburt

Der Bruch mit der Gruppe, die ihm weltweiten Ruhm eingebracht hatte, fand Eingang in Lennons erstes Soloalbum, in dem er sich seine Probleme von der Seele sang. In „God“ rechnete der nach Freiheit strebende Singer-Songwriter mit seinen ehemaligen Kollegen ab: „I don’t believe in Beatles; I just believe in me. Yoko and me. And that‘s reality.“
Viele der folgenden Soloarbeiten waren politisch motiviert, auch das zweite Soloalbum „Imagine“, das die Charts stürmte. Die religiösen Ansichten, die Lennon im gleichnamigen Song teilte, sollen das Hauptmotiv seines späteren Mörders, Beatles-Verehrer Mark David Chapman, gewesen sein, der sich in seiner Religiosität angegriffen fühlte.

Enge Zusammenarbeit: John Lennon und Yoko Ono veröffentlichten zusammen sieben Studioalben und gründeten die Plastic Ono Band. ©dpa

Anfang der 70er-Jahre zog das Paar Lennon-Ono nach New York, wo es weitere Protestlieder produzierte. U.a. wurde in ihnen die Rolle der Frau thematisiert („Woman Is the Nigger of the World“).

Von 1973 bis 1975 begab sich das Jahrhunderttalent aufgrund von Eheproblemen auf ein 18-monatiges „Lost Weekend“. Es folgten Affären und Alkoholexzesse. Das in dieser Zeit begonnene Album „Rock’n’Roll“ kam vorerst nicht zum Abschluss. Stattdessen wurde „Pussy Cats“ in Zusammenarbeit mit McCartney veröffentlicht.

Am Ende der Ehekrise zog John Lennon wieder zu seiner Yoko ins Dakota-Building, gab schließlich den allerletzten Live-Auftritt in einer Fernsehshow und zog sich anschließend ins Privatleben zurück. Denn am 9. Oktober 1975, seinem 35. Geburtstag, brachte Yoko Ono Sohn Sean zur Welt.

John machte es sich zum Ziel, nun ein guter Vater zu sein. Während der Rockstar zum Hausmann wurde, widmete sich Ono dem Finanziellen. 1980 packte den Ex-Beatle erneut die Kompositionswut. Er nahm die Gitarre für das letzte Album „Double Fantasy“ von der Wand, das im November erschien. Nur wenige Wochen danach kehrte Lennon abends aus dem Studio zum Dakota-Building zurück. Vor dem Eingang feuerte Chapman fünf Mal auf die Musiklegende, traf vier Mal. Lennon erlag nach 20 Minuten seinen schweren Verletzungen.

In seinen 40 Lebensjahren schuf John Lennon ein bemerkenswertes musikalisches Vermächtnis. Neben seinen umfangreichen Errungenschaften mit den Beatles, mit denen er ein gewaltiges Stück Musikgeschichte schrieb, veröffentlichte der begnadete Singer-Songwriter zehn Studioalben zu seinen Lebzeiten. Ein 11., „Milk and Honey“, folgte 1984 posthum. Wie viele es wohl geworden wären, hätte das Schicksal Lennon vierzig weitere Jahre beschieden? Darüber kann nur spekuliert werden. Fest steht: Auch in der Hälfte der Zeit hat das musikalische Genie genügend Meisterwerke hinterlassen, um nicht in Vergessenheit zu geraten.

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