Italien ist zum zweiten Mal Fußball-Europameister

53 Jahre musste Italien auf diesen Moment warten: Nach einem wahren Final-Drama im Londoner Wembley-Stadion setzte sich die Squadra Azzurra im Elfmeterschießen gegen England zum zweiten Mal nach 1968 die EM-Krone auf.

Nur zwei der fünf englischen Schützen trafen, am Ende hievte Keeper Gianluigi Donnarumma seine Italiener in den siebten Himmel und stürzte die Briten ins Tal der Tränen.

Dabei sah zu Beginn vieles nach dem Premierentitel für die Hausherren aus, die einen blendenden Auftakt erwischten. Die mehr als 60.000 Fans im Londoner Wembley-Stadion wurden Zeuge des schnellsten Finaltores bei einer EM: Aus einem Eckball der Italiener konnten sich die Briten geschickt befreien, Harry Kane bediente den neu in die Mannschaft gerückten Kieran Trippier.

Der entdeckte den mitgelaufenen Luke Shaw an der zweiten Stange, wo der ManU-Profi nach nicht einmal zwei Minuten zum 1:0 einschoss. Shaw hatte die Aktion selbst eingeleitet und sich danach völlig der Bewachung der italienischen Defensive entzogen.

Im Wembley steppte Bär

Spätestens jetzt waren die ohnehin euphorischen England-Fans völlig aus dem Häuschen, schon früh steppte der Bär im Londoner Fußballtempel. Während die Squadra Azzurra mit dem ersten Rückstand seit 19 Spielen zu knabbern hatte, waren die aufgezuckerten, enorm aggressiv eingestellten Briten nun völlig in ihrem Element. Zumal auch der taktische Plan zunächst zu fruchten schien.

Trainer Gareth Southgate hatte sich wie im Achtelfinale gegen Deutschland für eine Dreierkette entschieden, auf den Außenbahnen durften sich Shaw und Trippier auspowern. Die bisher so überzeugenden Azzurri fanden kaum ein Durchkommen, hatten zu wenig Anspieloptionen und kamen selten hinter die Abwehr, weil England die Räume gut verdichtete und oft Überzahlsituationen herstellte. So blieben ein gut angetragener Schuss von Federico Chiesa (35.) und ein abgeblockter Versuch von Ciro Immobile in der Nachspielzeit die einigen Möglichkeiten in Hälfte eins.

Italien immer stärker

Dennoch zeichnete sich schon vor der Pause ab, dass sich die „Three Lions“ angesichts des Spielstandes relativ früh aufs Verteidigen fokussieren und auf Umschaltmöglichkeiten lauern wollten. Eine Herangehensweise, die sich in der zweiten Halbzeit noch verstärkte und die Italiener nun deutlich besser ins Spiel kommen ließ. So gelang es nun zunehmend häufiger, die Inselkicker hinten reinzudrücken, den vielen Ballbesitz in gefährlichere Zonen auszulagern und Abschlusssituationen zu kreieren.

So wie in den Minuten 56 und 60, als Lorenzo Insigne (56.) und Chiesa (60.) zweimal an England-Keeper Jordan Pickford scheiterten. Doch sieben Minuten später kippte die anfangs so euphorische Stimmung auf den Rängen endgültig: Nach einem Corner konnte Pickford Marco Verrattis Versuch noch mithilfe der Stange parieren, Leonardo Bonucci drückte im zweiten Versuch den Ball aber zum mittlerweile hochverdienten Ausgleich über die Linie. Erst der zweite Gegentreffer für die „Three Lions“ bei dieser EM.

Southgate verzockte sich

Selbst der neue Spielstand führte nicht dazu, dass die Engländer ihre Herangehensweise änderten. Nach wie vor versuchte man, kompakt zu verteidigen, kam meist aber gar nicht in die Nähe der erhofften Umschaltmöglichkeiten, weshalb die eigentlich so hochveranlagte Offensive völlig blass blieb. Die Italiener machten weiter das Spiel, die große Gelegenheit für einen Lucky Punch suchte man aber auch vergebens.

Die daraus resultierende Verlängerung avancierte schließlich zum mentalen wie physischen Kraftakt. Kein Team war bereit, das letzte Risiko zu nehmen, es regierte nun auf beiden Seiten die Vorsicht. Auch deshalb waren Torchancen rar gesät, das Elfmeterschießen war die logische Folge.

Dort angekommen, versagten den Engländern wieder einmal die Nerven. Auch Trainer Gareth Southgate hatte sich verzockt, kurz vor Schluss mit Jadon Sancho und Marcus Rashford zwei frische Spieler eingetauscht, die dann prompt vergaben. Treffer von Berardi, Bonucci und Bernardeschi führten die Azzurri zum zweiten EM-Titel.

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