Gefährlicher Infekt

Harnwegsinfekte sind bei Kindern oft schwer zu erkennen und können daher schwerwiegende Folgen für die Nierenfunktion haben. Die Krankheit äußert sich im Kindesalter oft nicht durch die „klassischen“ Symptome wie Brennen und häufigem Harndrang. „Haben Kinder eine fahle Hautfarbe, entwickeln eine Trinkschwäche und leiden unter Fieber, sollte man auf jeden Fall einen Arzt aufsuchen“, sagt Prim. Univ.-Doz. Josef Oswald, Leiter der Kinderurologie am Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern.

Mehr als 3000 Kinder werden jährlich stationär auf der Kinderurologie im Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern aufgenommen.

Die Spezialabteilung ist über die Grenzen Österreichs bekannt und zählt heute zu den größten europäischen kinderurologischen Zentren. Aufgrund ihrer einzigartigen Expertise wurde sie vor mehr als zwei Jahren zum nationalen Referenzzentrum für seltene kinderurologische Erkrankungen.

Bei Kindern gehören Harnwegsinfektionen zu den häufigsten bakteriellen Infektionskrankheiten. Mehr als zehn Prozent der Mädchen und drei Prozent der Buben erkranken vor dem Schuleintrittsalter mindestens einmal an einer Harnwegsinfektion.

Im Normalfall sind die Organe nur von wenigen Bakterien besiedelt, da der ständig durchfließende Urin die Harnwege auswäscht und der Blasenschließmuskel eine Barriere für aufsteigende Keime bildet. Bei einem übermäßigen Eindringen der Krankheitserreger in die Harnröhre kann dieser Reinigungsmechanismus jedoch versagen. So können sich die Bakterien in der Blase ausbreiten.

Erst ältere Kinder zeigen die typischen Symptome einer Blasenentzündung wie Brennen beim Harnlassen, ständigen Harndrang sowie hohes Fieber, wenn die Nieren ebenfalls betroffen sind. Wenn Babys und Kleinkinder an einem Harnwegsinfekt leiden, können diese Symptome allerdings völlig fehlen.

Umso wichtiger ist es, auf weitere Indikatoren zu achten. „Kleine Kinder zeigen lediglich Allgemeinsymptome wie hohes Fieber, Trinkschwäche, Übelkeit, Erbrechen und eine ausgeprägte Mattigkeit“, sagt Primar Oswald. Auch unbeabsichtigtes Einnässen kann ein Indiz für einen Harnwegsinfekt sein.

Spätfolgen vermeiden

Ein Harnwegsinfekt ist bei rechtzeitiger Diagnose einfach zu behandeln. Wenn die Infektion aber zu spät oder gar nicht erkannt wird, können die Folgen verheerend sein. Wird die Entzündung vom Haus- oder Kinderarzt durch eine Harnanalyse und Anlegen einer Kultur diagnostiziert, muss unbedingt mit einem Antibiotikum behandelt werden, da der Infekt ansonsten zu den Nieren aufsteigen, und dort Narben verursachen kann, welche dauerhafte Schäden nach sich ziehen. „Dazu zählt Bluthochdruck bereits im Kindesalter wie bei weiterer Nichtbehandlung eine Einschränkung der Nierenfunktion, Erkrankungen während der Schwangerschaft bis hin zur Niereninsuffizienz im späteren Leben“, erklärt der Experte.
Die Diagnose erfolgt, indem der Harn auf Bakterien und weiße Blutkörperchen untersucht wird. Eine rasche Diagnosestellung und der unverzügliche Beginn einer adäquaten Antibiotikatherapie sind wichtig, da jede Verzögerung zu vermeiden ist.

Leiden kleine Kinder häufiger an Harnwegsinfekten, sollte auf jeden Fall die Ursache abgeklärt werden, um eventuelle Fehlbildungen des Genitaltraktes auszuschließen. Blasenentzündungen im Kindesalter sind häufig durch einen fehlenden Ventilmechanismus zwischen Harnleiter und Harnblase verursacht.

Dabei fließt der infektiöse Harn aus der Harnblase in den oberen Harntrakt und bewirkt dort eine Nierenbeckenentzündung.
Mittels moderner Therapie-Methoden kann dieser sogenannte vesikoureterale Reflux mit einem kleinen Eingriff minimal-invasiv über die Harnröhre behoben werden, bei sehr ausgeprägten Formen eines Refluxes muss eine offene Operation mit Neueinpflanzung der Harnleiter erwogen werden.

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