Gegen das Vergessen

Lentos zeigt Werke der 1941 in Hartheim ermordeten Ida Maly

Ida Maly, Frau oder Mann Krawatte, 1928/30
Ida Maly, Frau oder Mann Krawatte, 1928/30 © Graz Museum

In die Serie an Ausstellungen zu weiblichen Künstlern, die in Linz erfreulicherweise gerade gehäuft gezeigt werden, reiht sich im Lentos eine weitere zu einer bemerkenswerten Kunstschaffenden der Zwischenkriegszeit ein.

Ida Malys Bezug zu Oberösterreich ist ein tragischer: Wurde die gebürtige Wienerin doch im Rahmen des NS-Euthanasieprogrammes 1941 in Hartheim ermordet. Die Schau im Lentos ist die dritte Einzelausstellung, die sich der Malerin widmet, und zeigt anhand der Werke chronologisch das Leben einer Künstlerin „Zwischen den Stilen“ — so der Titel — von „Kaffeehausporträts“ bis hin zu schlimmen Vorahnungen über die Entwicklung der Gesellschaft, die sie auf die Leinwand brachte.

Aus vielen Stilen Eigenständiges entwickelt

„14,8 Prozent unserer Sammlung besteht aus Werken von weiblichen Künstlern“, sagt Lentos-Direktorin Hemma Schmutz. Nachsatz: „Es gibt also noch viel zu tun.“ Das große Interesse an der Zwischenkriegszeit führe auch zur Wiederentdeckung bedeutender Künstlerinnen. „Die Kraft der Frauen in den Mittelpunkt zu stellen, liefert wichtige Impulse“, stimmt auch Kulturstadträtin Lang-Mayerhofer ein.

Ida Maly war in vielen Stilen zuhause, ihre Arbeiten zeigen Nähe zum Jugendstil, dem Expressionismus, Art déco oder der Neuen Sachlichkeit. Überall, wo sie lebte, lernte und arbeitete, nahm sie etwas mit, verarbeitete es in ihren Bildern und zeigte mit feiner Beobachtungsgabe die Menschen um sich herum. Denn es sind v.a. Porträts, die sie hinterlassen hat. Kuratorin Anna Lehninger ist bei ihren Recherchen auch auf Neues gestoßen, das nun — insgesamt sind es 70 Arbeiten — im Lentos bis 9. Jänner 2022 präsentiert wird.

Die Künstlerin, 1894 in Wien geboren, wuchs in Graz auf, studierte Malerei. „Schon da begann das Aufnehmen vieler Stränge und Stile“, so Lehninger. Und: „Maly war für ihre Zeit eine richtig neue Frau, auch als Sportlerin sehr engagiert und zeigte viel Selbstbewusstsein.“ Ihr kreativer Drang blieb ungebrochen, sie kämpfte stets darum, von ihrer Kunst leben zu können. In München, wo sie Teil eines Künstlerzirkels wurde, lebte Maly u. a. von der Anfertigung von Exlibris und Kopien nach Gemälden Alter Meister.

Beobachterin der Menschen und der Zeit

1921 wurde Maly Mutter: Weil sie es allein erziehend nicht schaffte, Tochter Elga zu versorgen, gab sie das Mädchen zu Pflegeeltern in Graz, hielt aber weiter Kontakt. „Ein großer Schock“, so Lehninger. Berührende, sanft geführte Bleistiftlinien zeigen Elga einmal als Baby und später als kleines Mädchen. Es folgt eine Zeit des Reisens, die Maly u.a. nach Paris führte: Die Schau präsentiert Porträts, die die Künstlerin in Kaffeehäusern gezeichnet hat, Details zeigen ihren aufmerksamen Blick.

1929 wird Maly in die Landes-Heil- und Pflegeanstalt für Geisteskranke eingewiesen, Diagnose Schizophrenie. Dort gestaltet sie einfühlsame Porträts von anderen Insassinnen, wird so zur „Anstaltschronistin“, wie Lehninger sagt. Nach und nach werden die Arbeiten abstrakter, zeigen Gestalten, in denen etwa Ängste der Künstlerin um die eigene Existenz oder brutale Zustände in der Anstalt sichtbar werden und weist damit auch auf gesellschaftliche Entwicklungen hin. In die späteren Werke nimmt sie auch Elemente von Karikatur oder Sprache auf, die Arbeiten sind zunehmend geprägt vom Zerfall der Form.

Anfang 1941 wird Maly in die Euthansie-Anstalt Schloss Hartheim überstellt, wo sie wenige Tage später ermordet wird. Eine lange vergessene Künstlerin wird mit dieser Schau, die vom Nationalfonds für Opfer des Nationalsozialismus und vom Zukunftsfonds der Republik Österreich unterstützt wird, gelungen in den Fokus gerückt. Im aufwendig gestalteten Katalog kann man sich weiter in Werk und Biografie Ida Malys vertiefen.

Von Melanie Wagenhofer

Das könnte Sie auch interessieren