Geisterspielkonferenz: Die neue Normalität

Fortsetzung der Deutschen Bundesliga: Der Zweck heiligt die Mittel — Spaßfaktor mäßig

Schaumgebremster Torjubel in einem leeren Stadion unter Einhaltung eine Sicherheitsabstands: Dortmund Erling Haaland erzielte den ersten Bundesliga-Treffer nach dem Neustart. © AFP/Meissner

Samstag, 15.30 Uhr: Nach 66 Tagen Zwangspause wegen der Corona-Pandemie erfolgt der Anpfiff zum vor allem von den Klubs (aus wirtschaftlichen Gründen) heiß ersehnten Re-Start. Viele Fans haben damit nicht wirklich eine Freude. Laut einer ARD-Umfrage waren im Vorfeld insgesamt sogar 56 Prozent der Bevölkerung gegen die Fortsetzung und nur 31 Prozent dafür. Ultras-Gruppierungen sind sowieso vehemente Gegner, sprechen sogar von Wertlosigkeit.

Samstag, 15.30: Weil der Ball wieder rollt, rollt aber auch der Rubel. Konkret geht es um die TV-Gelder in der Höhe von rund 300 Millionen, die fließen werden und für praktisch alle Klubs lebensnotwendig sind.

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Und da heiligt der Zweck eben die Mittel. Die Verluste für die 18 Bundesligisten beschränken sich damit auf fehlende Einnahmen von Zuschauern, VIPS und Gastronomie — bis Saisonende laut Berechnung immerhin auch noch 70 Millionen Euro. „Uns kostet ein Geister-Heimspiel drei Millionen“, hatte Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke im Vorfeld eingeräumt.

„Etwas Surreales“

Samstag, 15.30: Die neue Normalität heißt — auf Sky frei empfangbar übertragen — Geisterspielkonferenz. Was für ein Unwort — zum Gruseln. „Es hat etwas Surreales“, musste auch Watzke in der Vorberichterstattung gestehen.

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Samstag, 15:30: Die Szenerie ist, wohlwollend formuliert, gewöhnungsbedürftig. Für viele wohl aber eher zum Abgewöhnen. Denn das Geschehen in den fünf Stadien, zwischen denen hin- und hergeschaltet wird, plätschert einfach so dahin. Wer unmittelbar vor der Corona-Pause schon das Match des LASK gegen Manchester United (0:5) gesehen hatte, weiß, was ich meine. Es fehlt die Emotion, die Stimmung, ja irgendwie die Leidenschaft. Nun kommen auch noch Ersatzspieler mit Schutzmasken, die einen Sicherheitsabstand einhalten müssen, oder Ordner, welche die Bälle desinfizieren, dazu.

Samstag, 15.30: Es wirkt, bei allem Bemühen, wie bessere Trainingsmatches. Immerhin laufen einige Reporter zu Hochform auf. „Bis hin zum Rasensprenger kann man alles hören“ heißt es da schon mal. Oder vom Geisterspiel, bei dem auch noch das Abstiegsgespenst spukt, ist beim Duell Düsseldorf (16.) gegen Paderborn (18.) die Rede. „Auch wenn mir kein Zuschauer die Sicht versperrt hat, da brauche ich die Zeitlupe“, gesteht ein anderer bei einer umstrittenen Szene.

Samstag, 15.59: Dortmunds Erling Haaland erzielt das erste Tor, der Jubel fällt verhalten aus. Die Borussen „feiern“, einen gewissen Sicherheitsabstand wahrend, vor einer leeren Tribüne. Immerhin spielt der Stadionsprecher den Song „Ole, jetzt kommt der BVB“ ein. Das Wort surreal ist schon einmal gefallen. Zu Recht!

Samstag, 17.19: Schlusspfiff der ersten Corona-Konferenz. Meine Aufmerksamkeit in Hälfte zwei ist trotz einiger Tore und dem Aufreger, dass die Spieler von Hertha BSC sich nach ihren drei Toren nicht ordnungsgemäß verhalten — sprich, sich viel zu nahekommen, obwohl sie ja unmittelbar davor in harte Zweikämpfe mit ihren Gegenspielern verwickelt waren — irgendwie nur mäßig. Der Spaßfaktor hält sich in Grenzen. Ob sich das bei der nächsten Konferenz — Samstag um 15.30 Uhr — ändert?

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