„Gemeinsame Serie wäre ein Traum“

Regisseur Daniel Prochaska über „Tatort“, seinen Vater und Vampire

Verantwortlich für den „Weihnachts-Tatort“: Daniel Prochaska
Verantwortlich für den „Weihnachts-Tatort“: Daniel Prochaska © ORF/Hubert Mican

Der in Bad Ischl geborene Regisseur Daniel Prochaska feiert am Sonntag mit „Unten“sein „Tatort“-Debüt. Beruflich tritt der 37-Jährige in große Fußstapfen: Sein Vater ist Andreas Prochaska, verantwortlich für Erfolge wie „In 3 Tagen bist du tot“ und „Das finstere Tal“.

VOLKSBLATT: Sie sind als Filmeditor ins Filmgeschäft eingestiegen und sind jetzt bei der Regie gelandet. Was das schon immer Ihr Ziel?

PROCHASKA: Ich habe mich immer schon für Film interessiert. Ich fotografiere auch gerne, bin ein visueller Mensch und habe knapp zehn Jahre schneiden dürfen. Ich habe dann auch viele Musikvideos gemacht und Werbung. Es hat sich einfach gut ergeben, auch mit viel Glück, weil ich die richtigen Angebote zur richtigen Zeit bekommen habe. Ich habe lange überlegt, ob ich den Schritt gehen soll in Richtung Regie — weil ja auch mein Vater mein Vater ist und man dann schnell verglichen wird.

Durch diese familiäre „Prägung“ – sind Sie schon früh an Sets gewesen und haben Filmluft geschnuppert?

Ja schon. Ich habe das auch sehr gerne gemacht, auch als Ferialjob. Ich habe auch oft so kleine Auftritte gehabt vor der Kamera meines Vaters. Von Thomas Brezina gab es da einmal so eine Reihe, wo Bücher vorgestellt worden sind, da hat mein Vater mir eine Rolle gegeben. Bei „In 3 Tagen bist du tot“ hatte ich einen kleinen Auftritt. Wo Sabrina Reiter die Tür aufmacht und dann kommt ein Junge raus — das war ich. Ich fand es auch immer spannend, Schauspieler zu sein, aber ich habe mich dann hinter der Kamera einfach viel wohler gefühlt. Aber ich habe einen riesen Respekt vor der Schauspielerei.

Das ist ja eine gute Voraussetzung als Regisseur …

Ich würde auch gerne noch mehr lernen wollen, was das heißt, Schauspieler zu sein. Weil du gibst dabei ja wahnsinnig viel her, wirst jedes Mal beurteilt. Du musst da schon ein wahnsinnig dickes Fell haben.

Sie haben den Vergleich mit Ihrem Vater angesprochen: Wie geht es Ihnen damit?

Den Vergleich wird es immer geben. Man hat halt die gleiche Leidenschaft entwickelt, und sicher war ich auch vorbelastet, weil mein Vater viel mit mir ins Kino gegangen ist, wir immer Filme geschaut haben. Ich bin stolz darauf und habe auch sehr viel von ihm gelernt. Ich war ja auf keiner Filmakademie, oder so. Ich habe jetzt beim Regieführen gemerkt, dass er mir viele gute Dinge gesagt hat, etwa in Sachen Schauspielführung, wie wichtig die Charaktere sind für die Geschichte. Ich habe ein super enges Verhältnis zu meinem Vater und vielleicht gibt es mal die Chance, gemeinsam eine Serie drehen zu können. Das wäre ein Traum für mich.

So dramatisch sich das Jahr 2020 präsentiert hat, so erfolgreich war es für Sie. Ihr erster Kino-Spielfilm kam heraus, beim Kärnten-Landkrimi haben Sie Regie geführt und am Sonntag läuft Ihr erster „Tatort“. Für Film und Landkrimi hat es Sie nach Kärnten gezogen – Zufall oder Verbundenheit?

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Ich hatte davor gar keinen Bezug zu Kärnten, nur meine Freundin ist gebürtige Kärntnerin. Es ist ein großer Zufall, dass der Landkrimi, den mein Vater gemacht hat, der in Kärnten war und der, den ich jetzt gemacht habe, in Kärnten spielt. Ich kannte Kärnten ja nicht so gut, weil ich aus Oberösterreich bin, aus der Salzkammergut-Ecke, mich auskenne rund um Gmunden und Laakirchen, wo ich ja auch zum Teil aufgewachsen bin. Aber das war eine tolle Erfahrung in Obervellach und im Mölltal, wo wir gedreht haben, landschaftlich so schön und die Menschen so nett.

Würde es Sie nicht reizen, auch in Ihrer oberösterreichischen Heimat zu drehen?

Natürlich! Ich mag die Ecke wirklich sehr gerne, ich kann mir da wirklich sehr gut vorstellen, da zu drehen.

Vielleicht wandert der Oberösterreich-Landkrimi ja mal vom Mühlviertel ins Salzkammergut …

Ja, so wie „In 3 Tagen bist du tot“ in Ebensee oder so … Der Traunsee ist ja schon beeindruckend. Da kann man, wie man gesehen hat, gut drehen. Der Berg ist so hoch, das kann auch schon bedrückend sein, aber ich mag das, wenn es Ecken und Kanten hat.

Die Dreharbeiten zum „Tatort“ haben vor Corona begonnen und sind nach einer Pause mit Corona fortgesetzt worden. Waren Sie da ein bisschen ein Versuchskaninchen, wie das Drehen in Pandemie-Zeiten funktionieren kann?

Wir und noch ein anderer Dreh – wir waren schon ein bisschen die Testballone, wie das Konzept für die Zukunft aussieht. Du willst das gut machen, weil du weißt, wenn sich einer ansteckt, steht das Ganze wieder. Das war schon ein emotionaler Ritt für alle. Man hat auch gemerkt, dass es viele Dinge in unserem Leben gibt, wo wir nichts machen können, und welche, die einfach wichtiger sind. Dass der „Tatort“ in diesem Jahr noch läuft und dann auch noch zu Weihnachten, freut mich sehr. Auch mit diesem Thema, das aktueller denn je geworden ist. Wer sind die oberen Zehntausend, wer die unteren Zehntausend? Was ist ein Mensch wert? Die Fragen, die da gestellt werden, die stellt man sich schon anderes nach dieser ganzen Zeit.

Der „Tatort“ spielt in der Obdachlosen-Szene – das ist ein Milieu, mit dem die meisten Menschen, wenn, dann nur „im Vorbeigehen“ zu tun haben. Wie sah Ihre Vorbereitung aus?

Wir sind in Obdachlosenheime gegangen, haben mit den Menschen gesprochen. Das Bewusstsein dafür zu kriegen, wie viele Menschen wirklich auf der Straße sind, wer sich um die kümmert, auch ganz aufopferungsvoll — das ging mir dann schon sehr nahe, aber es war wichtig. Der „Tatort“ ist ein fiktionaler Krimi, aber man wollte auch eine emotionale Ebene reinbringen und das war mir auch total wichtig. Dass man mit den Figuren auch mitfiebert und sieht, wie schnell es auch gehen kann, dass du kein Dach über den Kopf hast. Das gibt eine neue Sichtweise.

„Unten“ ist ein recht düsterer „Tatort“. Bei anderen Folgen ist oft die Beziehung zwischen Bibi Fellner und Moritz Eisner, dieses Schmähführen, im Vordergrund. Auf das haben Sie bewusst verzichtet?

Ich habe schon bei den ersten Leseproben gesehen, dass Adele Neuhauser und Harald Krassnitzer Spaß daran hatte, diese Figuren weiterzuentwickeln. Man hat sich da dann auch an der Bildsprache düsterer Filme orientiert und probiert, da eine eigene Handschrift reinzukriegen, ohne sich von den anderen „Tat- ort“-Folgen zu entfernen. Es war uns schon wichtig, dass man dem Thema eine gewisse Ernsthaftigkeit gibt. Wir haben aber schon ein paar witzige Momente, aber alles im Rahmen.

Es gibt auch Szenen, die richtig gruselig sind. Ist das das Genre, in dem Sie sich am wohlsten fühlen?

Ich kann es nicht verleugnen, dass die Filme, die man selbst gern schaut, da ein bisschen reinschwingen in die eigene Arbeit. Das ist schon ‘was, wo ich mich wohlfühle. Die Idee war es, einen Thriller zu erzählen. Wir wollten eine gewisse Bildsprache kreieren, die halt auch im Kino sein könnte. Auch vom Schnitt her wollte ich einen Rhythmus ausprobieren, damit sich das am Ende alles verdichtet zum Showdown. Also der Schluss ist schon ein bisschen eigen erzählt.

Für die RTL-Streamingplattform TVNow arbeiten Sie an einem Projekt mit Ferdinand von Schirach.

Ich sitze gerade im Schneideraum dafür. Das ist eine Mini-Serie, die Ferdinand von Schirach geschrieben hat, zum ersten Mal auch das Drehbuch. Die Vorlage ist der Wormser Prozess, einer der größten deutschen Justizskandale. Ich hoffe, das startet nächstes Jahr.

Gibt es schon Pläne für 2021?

Es gibt ein Angebot, aber es ist noch nichts unterschrieben. Mal schauen, aber es schaut cool aus. Sonst schreibe ich fürs Kino, für 2022, an meinem ersten Sci-Fi-Vampirfilm. Das ist ein Traum, einen Vampirfilm zu erzählen, der ein bisschen anders ist und in Österreich auch spielt.

Mit Regisseur DANIEL PROCHASKA sprach Mariella Moshammer

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