Gott und sein dunkler Bot’, der Tod

Steyrer Theater am Fluss: „Der Totentanz“ von Alois Lippl als Stationentheater

Gnadenlos raubt der Tod (Bernhard Oppl) auch der Mutter (Laura Enzenhofer) Kindlein.
Gnadenlos raubt der Tod (Bernhard Oppl) auch der Mutter (Laura Enzenhofer) das Kindlein. © Peter Kainrath

Die Welt ist schlecht und voller Übel, sie ist vergänglich und durch den Tod bestimmt. Das gilt für weltliche Ordnungen wie für Menschen, ob arm oder reich, edel oder niedrig. Alois Lippl (geboren 1903) war noch keine 20, als er sein szenisches Memento Mori „Der Totentanz“ verfasste, in einer Sprache, die er als mittelalterlich empfand.

Gar nicht so einfach, die zeitlose Aussage der szenischen Reimpredigt ernst zu nehmen, wenn es gilt, Moral und Wucht(eln) etwa dem Befehl des Herrn „Haut sie zu Stück, damit sie kommen zu Gott zurück“ beizukommen.

„Der Totentanz“ feierte am Samstag im Theater am Fluss in Steyr als Stationentheater Premiere. Regisseur Herbert Walzl packt den Stier bei den Hörnern, greift mit seiner Neufassung des verstaubten Textes in die Vollen und legt noch ein Schäuferl nach. Das Laienspiel inszeniert er mit Profis als eine „schöne Leich´“.

Da darf es auch a bissl lustig sein in den Trauerzügen samt tränentreibender Blasmusik. Ein erboster Gott, der uns sündigen, in Schlamm und Laster sudelnden Geschöpfen den rächenden Tod schickt. Um diesen „Gott und seinen dunklen Bot, den Tod“ holpern die Verse.

Der Tod fragt nicht

Als Tod bringt Bernhard Oppl der Reihe nach eine göttliche Auswahl von mittelalterlichen Prototypen ums Leben: Den Vogt, von Michael Zintl Reburg elegant dezent besoffen angelegt. Die Soldatin Julia Preglau scheitert am Versuch den Tod zu töten. Als arme Frau zieht Rotraud Letzbor Söllinger alle pathetischen Register. Den Ansatz eines echten Menschen schafft Christiane Burghofer als Krämerin.

Ihr folgt die erschütternde Mutter Laura Enzenhofer, deren Kindlein der Tod holt. Da wird sogar ihr Selbstmord unter den Augen des katholischen Gottes gönnerhaft gutgeheißen. Nicht nachdenken. Hans Peter Baumfried führt das Publikum mit gereimten Anweisungen „zum nächsten Spielort hin“, fragt, „was ist dem Tod sein Sinn?“ Tanzen, dieses Teufelswerk, treibt Buhlschaft Doris Krause in den Tod, und eh klar, holt er auch den Kaiser (Gerald Giedenbacher) zwecks jenseitiger Rechtfertigung. Hut ab vor den Schauspielern und ihren Siegen über sperrige Texte.

Schaurig schönes Stationentheater am Ufer der Enns. Endzeitiges zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort. Immer wieder erstaunen im Theater am Fluss opulente Bühnenbilder und hervorragende Schauspieler, die Walzls Visionen in Szene setzen. Für das 90-minütige Spektakel finden 60 Besucher pro Vorstellung Platz. Unbedingt warm anziehen und das Herz von der Rührseligkeit ein wenig wärmen lassen.

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