Gutschein-Lösungen in der Kritik und unter EU-Beobachtung

Festival-Veranstalter stückeln Mehr-Tages-Pässe, um nicht zahlen zu müssen

Aktuell undenkbar: Menschenmassen vor Konzertbühnen auf Festivals. Wie man damit finanziell umgeht, darüber gibt es unterschiedliche Ansichten. © APA/Oczeret

Gutscheine sind der neue Wert-Ersatz. Um die Liquidität in den Unternehmen zu halten bzw. weil sich vor allem große Reiseveranstalter und Eventbüros eine großflächige Rückerstattung nicht leisten können, wurde ein neues Gesetz erlassen.

So ist es nun möglich, anstatt des Geldbetrags Gutscheine zu refundieren – mit Grenzen. Und diese werden teils sehr flexibel interpretiert.

70-Euro-Grenze

Das Gesetz sieht vor, dass bei abgesagten Events die Tickets bis zu einer Höhe von 70 Euro als Gutschein nicht mehr in Geld, sondern als Gutschein refundiert werden dürfen. Sowie dass bei Ticketpreisen von mehr als 70 bis 250 Euro bis zum Betrag von 70 Euro ein Gutschein ausgestellt werden darf, der Restbetrag aber zurückzuzahlen ist. In diese Preisspanne fallen vor allem die heimischen Musikfestivals mit Hunderttausenden Zuschauern jedes Jahr.

Dort betragen die Kosten meist zwischen 150 und 190 Euro – ein grundsätzlich rückerstattbarer Betrag. Doch hier berufen sich die Veranstalter – sei es etwa Nova Rock oder Frequency (alle gehören zur in diesem Jahr von der deutschen Eventim Gruppe geschluckten Barracuda Holding) – auf einen Bericht des Justizausschusses, wonach man bei mehrtägigen Veranstaltungen pro Tag 70 Euro in Gutscheinen anbieten dürfe.

Klarer Widerspruch

Dieser Ansicht widersprechen Konsumentenschützer vehement. Diese Vorgehensweise sei nicht in Ordnung, heißt es auf Anfrage etwa beim Verein für Konsumenteninformation. Auch der Verbraucherschutzverein steigt auf die Barrikaden.

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„Veranstalter verwechseln einen Justizausschuss-Bericht mit dem Gesetz und machen Kunden glauben, dass sie in der Regel nur einen Gutschein bekommen würden und das legal sei,” kritisiert deren Obmann Peter Kolba. „Es gilt laut Gesetz: Drei Tage eine Karte ist gleich 70 Euro Gutschein, Rest in Geld“, stellt er klar.

Die Barracuda Holding gab zu einer diesbezüglichen Anfrage keine Antwort.

EU stärkt Verbraucher

Was die Musikfestivals im Kleinen sind, sind die Urlaube im Großen. Hier stärkt die EU-Kommission den Verbrauchern den Rücken. Wegen verpflichtender Gutschein-Lösungen sei gegen mehrere Staaten der erste Schritt eines Vertragsverletzungsverfahrens eingeleitet worden, gab Kommissions-Vizepräsidentin Margrethe Vestager bekannt.

„Wenn der Passagier sich dafür entscheidet, muss die Rückerstattung erfolgen“, stellte Verkehrskommissarin Adina Valean klar. Gutscheine seien lediglich eine Option. Sie werde sich in einem Schreiben an alle EU-Länder richten, um sie an die Einhaltung dieser EU-Regel im Verbraucherschutz zu erinnern, fügte sie hinzu.cs

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