„Haben die Probleme immer klar benannt“

Innenminister Nehammer über den Terror, Corona-Kontrollen und die Hoffnung für 2021

ÖVP und Grüne versuchen trotz Corona-Pandemie und anderen Herausforderungen, das im Koalitionsabkommen fixierte Programm „bestmöglich abzuarbeiten“, sagt Innenminister Karl Nehammer.Karl Nehammer (48) ist seit dem 7. Jänner 2020 Innenminister, zuvor war er je zwei Jahre ÖVP- bzw. ÖAAB-Generalsekretär. Der gebürtige Wiener ist verheiratet und Vater von zwei Kindern. Vor seinem Einstieg in die Politik war Nehammer Berufssoldat und dann Kommunikationstrainer.
ÖVP und Grüne versuchen trotz Corona-Pandemie und anderen Herausforderungen, das im Koalitionsabkommen fixierte Programm „bestmöglich abzuarbeiten“, sagt Innenminister Karl Nehammer.Karl Nehammer (48) ist seit dem 7. Jänner 2020 Innenminister, zuvor war er je zwei Jahre ÖVP- bzw. ÖAAB-Generalsekretär. Der gebürtige Wiener ist verheiratet und Vater von zwei Kindern. Vor seinem Einstieg in die Politik war Nehammer Berufssoldat und dann Kommunikationstrainer. © APA/Hochmuth

VOLKSBLATT: Wissen Sie schon, mit wem Sie die Weihnachtsfeiertage verbringen?

NEHAMMER: Ich werde die Weihnachtsfeiertage im kleinsten Familienkreis verbringen. Das ist eine ganz neue Situation für mich, aber auch für meine gesamte Familie — und mit großer Sicherheit auch für die meisten anderen in Österreich lebenden Familien.

Mit welchem Auftrag wird die Exekutive in diesen Tagen an die Arbeit gehen?

Die Polizistinnen und Polizisten haben in diesem ganz außergewöhnlichen Jahr 2020 Hervorragendes zur Eindämmung der Pandemie geleistet. Dafür mein ausdrücklicher Dank und mein tiefer Respekt. Wir sind Partner der Menschen in diesem Land. Der Dialog, das Gespräch mit den Menschen stehen bei der Bekämpfung der Pandemie im Vordergrund. Wenn jemand allerdings bewusst und mit Vorsatz die notwendigen Beschränkungen missachtet, wird konsequent durchgegriffen.

Wie empfinden Sie persönlich die schon so lange andauernde Corona-Bedrohung?

Lassen Sie es mich ganz persönlich sagen: Ich habe in diesem Jahr meine Eltern, die vor wenigen Monaten beide 80 Jahre alt geworden sind, kaum gesehen. Das ist für mich persönlich, aber auch für meine Eltern eine schwierige Situation. Aber je mehr wir unsere Kontakte reduzieren, desto sicherer ist ihr Leben. Ich freue mich auf den Tag im kommenden Jahr, wo ich meine Eltern wieder umarmen kann und wir wieder ein normales Leben führen können.

Wenige Tage vor Weihnachten patrouillieren bewaffnete Polizeistreifen in Innenstädten — löst das nicht Unsicherheit aus?

Der hinterhältige Anschlag vom 2. November 2020 war der seit Jahrzehnten erste terroristische Angriff in Österreich. Wir wissen aus internationalen Erfahrungen, dass die ersten Wochen nach einem Anschlag eine sehr heikle Phase darstellen. Die Präsenz des Einsatzkommandos Cobra ist daher erforderlich, um die Sicherheit für die Menschen zu gewährleisten. Eines muss klar sein: Der Anschlag vom 2. November hat uns gezeigt, dass Österreich keine Insel der Seligen ist. Ich werde daher als Innenminister alles unternehmen, um die Sicherheit der Menschen in unserem Land zu gewährleisten.

Das nun vorgelegte Maßnahmenpaket zur Terrorbekämpfung sei „ein starkes Zeichen gegen jede Form von Terror“, haben Sie gesagt. Von wo, außer der islamistischen Seite, droht Gefahr?

Die österreichische Bundesregierung geht entschieden gegen jede Form von Extremismus vor. Egal, ob dieser von rechts oder links kommt, politisch oder religiös motiviert ist.

Islamistischer Terror, aufgerüstete Rechtsradikale: Wie fragil sind unsere Gesellschaftsordnung und unsere demokratischen Strukturen?

Österreich ist eine gewachsene und starke Demokratie. Wir haben in den vergangenen 75 Jahren das demokratische Prinzip in unserer Gesellschaft etabliert. Die Vereine, die Gemeinden, die Zivilgesellschaft tragen dieses demokratische Prinzip. Aber es ist nicht einfach ein gegebener Zustand — es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, Tag für Tag für die Demokratie einzutreten und sie weiterzuentwickeln. Das versuche ich auch meinen Kindern mitzugeben.

Hat man zu lange zu wenig genau hingesehen, was in Kulturvereinen und anderen Gruppierungen tatsächlich passiert?

Die Österreichische Volkspartei ist immer mit großer Klarheit und Entschiedenheit aufgetreten. Wir haben die Probleme immer klar benannt — nicht erst in den vergangenen Wochen. Mit dem Anti-Terrorpaket benennen wir auch klar die aktuellen Gefahren. Wir schaffen im Strafrecht die Möglichkeit, schon frühzeitig gegen religiös extremistische Verbindungen vorzugehen.

Was erwarten Sie sich vom ersten Bericht der Untersuchungskommission zum Anschlag vom 2. November 2020?

Justizministerin Alma Zadic und ich haben sehr früh die Einrichtung einer Untersuchungskommission beschlossen. Es stehen viele Vorwürfe im Raum, die Fehler von behördlicher Seite nahelegen. Daher ist es uns ein Anliegen, größtmögliche Transparenz zu gewährleisten und die behördlichen Ermittlungen vor dem Anschlag, die Schnittstellen zwischen den Nachrichtendiensten und der Justiz nachvollziehbar darzustellen.

Die türkis-grüne Koalition ist vor einem Jahr mit dem Anspruch angetreten, das Beste aus zwei Welten zu vereinen. Gilt das noch?

Die Zusammenarbeit in der Koalition orientiert sich an unserem gemeinsam festgelegten Programm. Und das versuchen wir — trotz der Pandemie und andere Herausforderungen — bestmöglich abzuarbeiten.

Was wünschen Sie sich von 2021?

Dass wir die Pandemie besiegen.

Die Fragen an Innenminister KARL NEHMAMER stellten
Christian Haubner und Markus Ebert

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