HIV-Infizierter will in Salzburg Invaliditätspension einklagen

In Salzburg ist am Dienstag ein Streit um die Bewilligung einer Invaliditätspension erneut vor dem Arbeits- und Sozialgericht gelandet.

Im Mittelpunkt des Verfahrens steht ein junger mit HIV infizierter Mann, der die Pensionsversicherungsanstalt geklagt hat. Weil das Tonband-Protokoll der ersten Verhandlung unvollständig war, mussten die beiden Konfliktparteien heute noch einmal vor den Richter.

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Der heute 30-Jährige sieht sich nach einer langen Leidensgeschichte nicht mehr in der Lage zu arbeiten. Der Mann war 2009 nicht zuletzt infolge seiner Homosexualität aus der Provinz nach Wien gezogen.

Dort lernte er wenig später in einem Lokal einen 15 Jahre älteren Mann kennen. Dieser praktizierte mit ihm ungeschützten Sex. Für den jungen Mann war es „sein erstes Mal“. Der Partner verschwieg ihm aber, dass er schon seit mehreren Jahren HIV-positiv ist – und steckte den damals 20-Jährigen wissentlich mit dem Virus an.

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Klarheit darüber brachte allerdings erst ein Aidstest Monate später. In einem Prozess wurde der Täter 2011 zu drei Jahren unbedingter Haft und einer Zahlung von rund 5.000 Euro verurteilt.

„Nach seiner Freilassung hat er mir zu verstehen gegeben, dass er sich rächen wird“, sagte das Opfer im ersten Verfahren am 18. Februar. „Er hat mich dann zwei Jahre lang im Internet gestalkt.“ Als Folge sei er aus Wien weggezogen und später nach Deutschland geflüchtet, um eine größere Distanz zu schaffen.

Doch trotz mehrjähriger Psychotherapie und Besuchen in einer Trauma-Ambulanz seien Depressionen und Panikattacken geblieben. Und viele Ängste, nicht nur vor dem Straftäter. Zu Stigmatisierung, Ausgrenzung und Diskriminierung komme die permanente Sorge, dass die antiretrovirale Therapie nicht anschlägt und Karzinome und Tumore entstehen.

„Wie soll sich da mein psychischer Zustand bessern.“ Wegen der psychischen Belastung stellte der 30-Jährige schließlich einen Antrag auf Invaliditätspension bei der Pensionsversicherungsanstalt. Er habe immerhin etliche Jahre in Österreich gearbeitet.

Rein aus medizinisch-chirurgischer Sicht seien durch die HIV-Erkrankung keine Einschränkungen zu erwarten, hatte der Richter schon zum ersten Termin aus einem Gutachten zitiert.

Was die psychische Verfassung des 30-Jährigen betrifft, da gehen die Meinungen auseinander. Von den zahlreichen Befunden aus Deutschland, die der Mann dem Gericht übermittelt hat, halten etliche eine Besserungschance für praktisch ausgeschlossen. Auch der Kläger selbst sieht sich nicht mehr in der Lage zu arbeiten. Laut seinem Anwalt war er in den letzten Jahren durchschnittlich mehr als 20 Wochen pro Jahr im Krankenstand.

Doch zwei Gutachter aus den Fachbereichen Psychiatrie und Psychologie kamen zu einem anderen Ergebnis.

Bei einer adäquaten Behandlung – etwa einer Kombination aus stationärem Aufenthalt in der Psychiatrie, regelmäßiger Psychotherapie und einer guten Einstellung mit Antidepressiva – sei nicht ausgeschlossen, dass eine Verbesserung des Gesundheitszustandes eintritt und zumindest eingeschränkte Arbeitsfähigkeit besteht.

In diesem Fall ist es aber strittig, ob das für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit ausbezahlte Rehabilitationsgeld nach Deutschland exportiert werden kann, wo der Mann heute lebt. Dazu ist eine Entscheidung beim Europäischen Gerichtshof anhängig.

Doch solange wollte der 30-Jährige nicht warten: „Ich muss mit 300 Euro im Monat leben, davon kann ich gerade einmal meine Therapie zahlen“. Ein Urteil gab es heute nicht – es soll in den nächsten Wochen schriftlich ergehen.

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