„Ich liebe Schiele!“

Hundertwasser: Leopold Museum gedenkt des 20. Todestages

134 Neunundneunzig Köpfe — Beiordnung von 99 Köpfen, Friedensreich Hundertwasser
134 Neunundneunzig Köpfe — Beiordnung von 99 Köpfen, Friedensreich Hundertwasser © 2020 Namida AG, Glarus, Schweiz

Friedensreich Hundertwasser, wie sich der als Friedrich Stowasser geborene Wiener mit seinem „Künstlernamen“ nannte (1928–2000), hat über seinen bedeutenden Ruhm als Maler und Grafiker hinaus als Ökologe, Architekt, Naturgestalter weltweite Berühmtheit erlangt, die bis Neuseeland reichte.

Seine bunten Bauwerke mit den „runden“ Linien bieten bis heute unwiderstehliche Blickfänge, wo immer man sie findet. Selten ist ein Künstler zwanzig Jahre nach seinem Tod so „unvergessen“ — und auch auf alle Zeit unverkennbar, hat er doch jene „Spiralen“-Bilder gemalt, die in ihrem Variationsreichtum zur Freude wie zur Meditation einladen …

Idol Egon Schiele

Nun könnte man des Todestages des Künstlers mit der üblichen, umfassenden Werkschau gedenken, aber im Leopold Museum hatte dessen oberösterreichischer Direktor Hans-Peter Wipplinger eine viel interessantere Idee. Diese lehnt sich auch eng an die Biografie dieses Künstlers an, der zu seiner Zeit wahrlich ein „Wilder“ war. Nachdem Stowasser, obwohl Halbjude, das Dritte Reich in Wien überlebt hatte, wandte er sich dem Kunststudium zu. Unmittelbar wurde Egon Schiele zum Idol seiner Jugend — und hat ihn bis zu seinem Lebensende begleitet, als „verwandte Seele“ auf vielen Ebenen. Ein Essay mit dem Titel „Ich liebe Schiele“ aus dem Jahr 1951 zeigt den Künstler, der 1918 (zehn Jahre vor Hundertwassers Geburt) gestorben ist, als höchstrangiges, geliebt-bewundertes Vorbild, dem er nachstrebte.

Und das kann die Ausstellung nun an zahlreichen Gegenüberstellungen zeigen (was dem Leopold Museum dank seiner eigenen enormen Schiele-Sammlung natürlich besonders leicht fällt). Der junge Hundertwasser hatte Schiele vor Augen, als er eigene Selbstporträts malte. Er fand die für ihn später so charakteristische „Spiralen-Form“ in einigen Schiele-Werken angelegt. Andere formale Elemente, etwa kleinteilige Farbecken, sind bei beiden Künstlern zu finden. Darüber hinaus zog, und das ist ein wichtiges Element, Hundertwasser ein geradezu mythisches Naturverständnis auch aus Schieles Bildern. Und dessen Selbststilisierung als „Magier“ — das war Hundertwasser nicht fremd, zumal er als „Umwelt-Prediger“ und Star der Ökologie-Bewegung Kunst ganz persönlich zu einem gesellschaftspolitischen Element transzendierte.

Unter dem Titel „Image tomorrow“ hat das Leopold Museum eine wahre Bilderflut zu bieten, Farben, Formen von meditativer Kraft. Dem, wie man meinte, ausreichend bekannten „Phänomen Hundertwasser“ wird durch diesen Schiele-Konnex ein bedeutender Aspekt hinzu gefügt.

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Das Leopold Museum ist nach dem Lockdown seit 27. Mai wieder geöffnet. Die wegen der Corona-Pandemie abgebrochene Ausstellung „Hundertwasser — Schiele. Imagine tomorrow“ wird bis Ende des Jahres verlängert.

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