Im Dialog mit der Radikalität

Albertina Wien: Edvard Munch trifft auf Peter Doig, Andy Warhol oder Georg Baselitz

Andy Warhol, The Scream (After Munch), 1984
Andy Warhol, The Scream (After Munch), 1984 © The Andy Warhol Foundation for the Visual Arts,/Bildrecht, Wien 2022

„Angst, Einsamkeit, Isolation, Schmerz.“ Es sind keine aufbauenden Themen, die Albertina-Generaldirektor Klaus Albrecht Schröder im Zusammenhang mit dem bekannten Maler Edvard Munch ins Treffen führt.

Aber deshalb ist die große Frühjahrsausstellung (bis 19. Juni) seines Hauses, die Werke Munchs in einen Dialog bringt mit sieben zeitgenössischen Künstlern, keineswegs eine niederschlagende Angelegenheit, sondern führt vor allem Radikalität und Einfluss des Norwegers vor Augen.

Parallelen und Inspirationen

Im Fokus steht die Frage, „warum Munch von einer derartigen Brisanz, Relevanz und Aktualität für die Malerei unserer Zeit ist“, wie es Schröder formuliert. Mehr als 60 Werke des vor allem für seinen „Schrei“ bekannten Künstlers stehen Arbeiten von Andy Warhol, Jasper Johns, Georg Baselitz, Miriam Cahn, Peter Doig, Marlene Dumas und Tracey Emin gegenüber.

So beeindruckend sich diese Namensreihe liest, so vielfältig ist der malerische und gestalterische Ausdruck. Und doch lassen sich zahlreiche Parallelen oder Inspirationen aufzeigen, die diese Künstler mit dem 1944 verstorbenen Munch verbinden.

Herausgekommen sind letztlich Miniausstellungen der beteiligten Künstler, die sich zwischen den Munch gewidmeten Räumen auftun. So etwa zu Miriam Cahn: Die Schweizerin ist mit ihren großformatigen, figurativen Darstellungen der emotionalen Kraft Munchs ganz nahe, wobei die Kombination aus grellen, beinahe ins Neonspektrum reichenden Farben und durchdringendem Ausdruck der Sujets sofort in den Bann zieht.

Eine Sogwirkung ist auch den unheilvollen Bildern Peter Doigs eigen, die menschliche Einsamkeit und Überwältigung der Natur zusammenführen wie in „Echo Lake“. Dass viele Jahre zwischen den Werken liegen und sich Perspektiven und Proportionen verändert haben, wird natürlich auch bei Georg Baselitz oder den oft hochpolitischen Arbeiten Marlene Dumas´ deutlich, die nicht zuletzt die Apartheid in ihrer Heimat Südafrika verarbeitet.

Munch selbst lernt man in chronologischer Reihenfolge kennen, wobei das Hauptaugenmerk dem Spätwerk gilt. Seine in vielen Variationen existierende „Madonna“ ist dabei früh gesetzt, führt über zu einprägsamen Bildern wie der „Straße in Åsgårdstrand“, dem „Kranken Kind“ oder „Zwei Jungen am Strand“. Sein Pessimismus und die Selbstzweifel, seine Sicht auf eine gespaltene Gesellschaft oder die generell oft sehr düstere Grundstimmung: All das sind Aspekte, die sich in der einen oder anderen Form im Werk der ebenfalls gezeigten Künstler wiederfinden.

Andy Warhol und Jasper Johns haben Munch als Vorlage verwendet und weiter verarbeitet. Sind es bei Warhol etwa Arbeiten wie „Der Schrei“, „Die Brosche“ oder die „Madonna“, die er in eigene Serien überführte, reichte für Johns schon die Struktur einer Bettdecke auf dem Selbstporträt „Zwischen Uhr und Bett“, um bleibenden Eindruck zu hinterlassen.

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