In die virtuelle Welt und retour

Francisco Carolinum: „Proof of Art“ab 10. Juni über Kryptokunst

Datenstränge und Ketten: Herz der virtuellen Welt? Addie Wagenknecht, „Tesla Hearts“ (Computational Painting, 2015)
Datenstränge und Ketten: Herz der virtuellen Welt? Addie Wagenknecht, „Tesla Hearts“ (Computational Painting, 2015) © OÖ. Landes-Kultur

Kunst und Kunstmarkt wandern seit Jahren zunehmend in die virtuelle Welt. Wenn nun ein Künstler oder eine Künstlerin ihr Werk ins Internet stellt, wie lässt sich in der Unmenge von Daten genau dieses Werk als ein einzigartiges, originales zertifizieren? Und wie lässt sich damit auf dem sogenannten Kunstmarkt handeln?

Die Antwort läuft unter dem Kürzel NFT, Non-Fungible-Token. Ein „nicht anderweitig ersetzbares“ Token, wobei Token ein Zeichen, quasi die Signatur des Künstlers ist. Hört sich fürchterlich abstrakt an, ist es auch für Laien (und auch „Experten“ tun sich oft schwer mit schlüssigen Erklärungen).

Hat aber konkretes künstlerisches Handeln zur Folge und lässt sich in herkömmliches Geld umsetzen. Den Rekord hält Mike Winkelmann, Kosename „Beeple“, der heuer mit der monumentalen Collage „Everydays – the First 5000 Days“ bei Christie´s 69,3 Millionen US-Dollar lukrierte.

Kryptokunst & BitchCoins

„Proof of Art. Eine kurze Geschichte der NFTs, von den Anfängen der digitalen Kunst bis zum Metaverse“ heißt die Ausstellung im Linzer Francisco Carolineum, die von 10. Juni bis 15. September läuft. Metaverse bezeichnet den gemeinsamen virtuellen Raum, Proof bedeutet Beleg, Beweismittel.

25 Künstler zeigen ihre Arbeiten in den Bereichen Projektion, Software, Video, Installation und digitale Dateien. Die Präsentation ist „offline“ vor Ort und online in sogenannten Cryptovoxels, einem gemeinsamen virtuellen Raum, zu gustieren.

Ab dem Jahr 2020 ist der Markt mit NFT-Kunstwerken geradezu explodiert. „Proof of Art“ zeigt die Ursprünge und Entwicklung der NFTs von ersten Versuchen mit digitalen Technologien über erste Experimente mit Blockchain (miteinander verkettete Datensätze) bis zur aktuellen Kryptokunst.

Ein entscheidendes Jahr ist 2008, als Satoshi Nakamoto die Blockchain-Technologie als dezentralen Handelsplatz einführte. Schon kurz darauf begannen Künstler und Künstlerinnen, mit dieser Technologie thematisch und medial zu experimentieren.

Das Thema der Dezentralisierung griff etwa Kevin Abosch auf, der in seinem Werk „Bank“ die Rolle von Banken als digitale und analoge Orte, an denen Werte gelagert sind, befragt. Abosch kombiniert öffentliche und private Bitcoin-Schlüssel und legt sie als gedrucktes Buch vor. Virtuelle in der „realen“, haptischen Welt abgebildet, zwischen den beiden Welten tun sich noch viele graue Zonen auf. Sarah Meyohas stößt in diese Zonen mit altem, gewissermaßen analogem Humor vor.

Meyohas führte in Anlehnung an die Bitcoins die Kryptowährung „BitchCoin“ ein, gegen die sie ihre Kunst verkauft. Bei der Einführung entsprach eine für 100 US-Dollar gekaufte BitchCoin 25 Quadratmeter eines von Meyohas´ Werken. Bald belegten Rare Pepes (2016), CryptoPunks und CryptoKitties (2017) den Appetit auf Krypto-Sammlerstücke.

Mit dem Aufstieg von NFT-Marktplätzen, die knackige Namen wie Nifty Gateway und SuperRare tragen, zentralisierten sich Künstlergemeinschaften mithilfe von Blockchain wieder. Diese Räume sind globale Treffpunkte, die den Prozess deutlich vereinfacht haben. Künstler und Sammler kommen auf diesen Online-Marktplätzen direkt miteinander in Kontakt.

Jetzt sind die ökonomischen Möglichkeiten des neueren Systems für Künstler attraktiv und haben eine Verschiebung von konzeptionellen zu ästhetischen Positionen angestoßen. Auf diesen Marktplätzen sind vor allem Künstler erfolgreich, die sich mit Science-Fiction- und Cyberpunk-Themen beschäftigen. Sie entwerfen spekulative Realitäten und arbeiten mit dem Metaverse, das über Internet, Smartphones und Headsets in die physische Welt hineinwirkt.

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