In Konfrontation mit dem Schicksal

Dreifacher Oscar-Gewinner „Nomadland“ mit herausragender Francis McDormand im Kino

Frances McDormand trägt den Film.
Frances McDormand trägt den Film. © Disney

Muss erwähnt werden, dass 2020 ein außergewöhnliches Jahr war? Natürlich nicht, aber es mutet doch auch ungewöhnlich an, dass „Nomadland“ der beste Film — wenn man den Oscar für das Maß aller Dinge hält — dieses Jahres war. „Nomadland“ gewann drei Goldjungs, Golden Globes, Goldene Löwen und viele, viele weitere Preise.

Ohne Zweifel liefert Schauspielerin Frances McDormand eine gewohnt hervorragende Leistung ab und war damit die beste Wahl, die Regisseurin Chloe Zhao treffen konnte, denn mit der Figur der Fern steht und fällt der Film, der Einblicke gibt in die USA des 21. Jahrhunderts, die nicht überraschen, aber doch in der geballten Form bedrücken.

Fern lebt in ihrem Van, richtet es sich darin so gut wie möglich ein. Aber es ist und bleibt ein weißer Lieferwagen, in dem sie ihre Zeit verbringt und durch die Lande zieht. Und sie ist nicht die Einzige. Freiheit — das bekommen sie für ihre „Hauslosigkeit“, moderne Nomaden. Diese Freiheit müssen sie nutzen, fahren von Ort zu Ort, lassen immer wieder alles hinter sich und es beginnt der Gedanke im Zuschauer zu reifen, nicht die finanziellen Umstände, die Arbeitsbedingungen, das fehlen selbiger, die erzwungenen Absiedelungen sind Hauptgrund für das Herumziehen, sondern schwere menschliche Verluste, die Unfähigkeit, sich dem Unvermeidbaren zu stellen, sich in Konfrontation mit dem eigenen Schicksal zu begeben.

All das transportiert „Nomadland“ stark und eindringlich, aber auch auf ganz konventionelle Art und Weise. Ein Roadmovie im Doku-Style, „authentische“Darsteller, Natur-Metaphern en masse, einlullender Soundtrack.

Die Leere der Natur soll die Leere in einem selbst füllen

Chloe Zhao bleibt den ganzen Film über beim traditionellen Erzählen. Häufig blickt Fern in die Weite: Wüste, Berge, Steine, unendliche Leere, die füllen soll — die Leere in einem selbst. Die unberührte Natur der USA und darin die Menschen, enttäuscht vom kapitalistischen System, in dem keiner auf einen schaut, in dem sich jeder selber helfen muss, sei es mit einem 20-Liter-Klokübel. Und enttäuscht von sich selbst.

Einzig die Mit-Nomaden zeigen Herz, jedes Wiederfinden voll Zuneigung. Hier fühlt man sich an Filme des britischen Großmeisters Ken Loach erinnert: Der Staat versagt und je weiter hinunter die Menschen dadurch gespült werden, desto stärker ist der Zusammenhalt, ist die Liebe.

„Nomadland“ ist ein guter Film mit einer wunderbaren Hauptdarstellerin, den zu sehen es sich lohnt. Der beste, den 2020 hervorbrachte? Vielleicht sind Preise nicht das Maß aller Dinge.

Von Mariella Moshammer

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