IV-Präsident Greiner: „Der Motor der Wirtschaft ist die Industrie“

Axel Greiner, Präsident der Industriellenvereinigung OÖ: „Müssen uns aus Krise raus investieren“

Axel Greiner: „Schwierige Studien gibt es nicht. Schwierig ist nur das, was ich nicht gerne mache.“„Die Covid-Auswirkungen sind massivst“, sagt IV-OÖ-Präsident Axel Greiner im Interview.
Axel Greiner: „Schwierige Studien gibt es nicht. Schwierig ist nur das, was ich nicht gerne mache.“„Die Covid-Auswirkungen sind massivst“, sagt IV-OÖ-Präsident Axel Greiner im Interview. © Eric Krügl

Axel Greiner, Präsident der Industriellenvereinigung Oberösterreich (IV OÖ) spricht über die Corona-Krise, notwendige Maßnahmen und unnötige Diskussionen.

Morgen kommt es zu einer Kampfabstimmung um das Amt des Präsidenten der IV. Wen unterstützen Sie?

AXEL GREINER: Dass gleich drei Kandidaten zur Wahl stehen, hat es in der Geschichte der IV noch nicht gegeben. Dies zeigt aber auch, dass es viele bedeutende Persönlichkeiten gibt, die sich um die Weiterentwicklung des Wirtschaftsstandortes Österreich bemühen. Das ist ein gutes Zeichen. Und nachdem ich den ehemaligen voestalpine-Generaldirektor Wolfgang Eder vorgeschlagen habe, hat er auch die volle Unterstützung aus Oberösterreich.

Ist Wolfgang Eder ein Kompromisskandidat?

Keiner der drei (Anm.: Neben Wolfgang Eder treten auch Georg Knill und Martin Ohneberg an) ist ein Kompromisskandidat. Jeder hat sein eigenes Format und seine Stärken. Ich glaube aber, dass Wolfgang Eder gerade jetzt als krisenerprobter Manager der richtige Mann für diese Situation ist, weil er weiß, was die Industrie und der Standort brauchen.

Was brauchen Industrie und Standort?

In den nächsten Jahren ist es wichtig, die Covid-19-Thematik zu lösen. Die Auswirkungen auf die Wirtschaft sind massivst und hier braucht es Konzepte und Strategien, wie wir die Industrie aus dieser Krise herausführen. Die Industrie ist schließlich der Arbeitgeber schlechthin in Österreich. Und was viele nicht wissen: mit bestens bezahlten Arbeitsplätzen, in vielen Fällen über Tarif bezahlt. Dazu gesellt sich der hohe Exportfaktor mit damit einhergehender hoher Wertschöpfung. Das wiederum generiert Steuereinnahmen.

Das heißt: Die Industrie ankurbeln.

Genau. Weil, wenn uns das nicht gelingt, werden wir das beim Wohlstand spüren. Nur mit Tourismus und Landwirtschaft können wir dieses Niveau nicht halten.

Hat sich hier die Industrie bislang zu wenig Gehör verschafft, wie beispielsweise im Vergleich zum Kulturbereich?

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Es war die Wahrnehmung schon vor der Corona-Krise verrutscht, nämlich dass wir in Österreich vom Tourismus und den Lipizzanern leben. Tourismus ist natürlich ein Wirtschaftsfaktor und wir brauchen auch die Landwirtschaft. Und ich mag auch keine Branchen gegen einander ausspielen. Die Mischung aus Tourismus und Industrie macht ja Österreich so lebens- und liebenswert. Kultur wiederum ist Basis dafür, wie eine Gesellschaft ihre Werte ausdrückt und auch ein Wirtschaftsfaktor. Aber der Motor der Wirtschaft ist die Industrie und dieser Motor muss wieder brummen.

Wie bringt man den Motor wieder zum Brummen?

Wir müssen uns aus der Krise raus investieren. Bis jetzt lag der Fokus der öffentlichen Hand auf Maßnahmen für den Arbeitsmarkt, jetzt geht es um Investitionsanreize. Die nun neu entstandene Diskussion um Vermögenssteuern halte ich zudem für entbehrlich.

Hat Oberösterreich bessere Chancen, aus der Krise schneller herauszukommen als andere Bundesländer?

Ja, aus zwei Gründen. Zum einen wegen der starken Industrie und zum zweiten wegen der Politik der Landesregierung, die schon seit einigen Jahren eine Null-Schulden-Politik betrieben hat. Das verschafft uns jetzt natürlich Luft, weil in der jetzigen Phase muss die öffentliche Hand in Vorlage treten und da tut sich Oberösterreich leicht, weil hier frühzeitig Schritte gesetzt wurden und auch entsprechende Mittel zur Verfügung stehen.

Wie geht es aktuell den oberösterreichischen Industriebetrieben?

Das Bild ist kein einheitliches. Manche Betriebe leiden sehr, etwa die Autozulieferer. In anderen Bereichen, etwa im Anlagenbau, werden die Auswirkungen erst in ein, zwei Jahren sichtbar werden. Lebensmittel- und Pharmaindustrie haben kaum Veränderungen verspürt.

Industriebetriebe sind krisenerprobt.

Ja – auch vorherige Krisen wie die Dotcom-Blase oder die Finanzkrise 2008,2009 haben stark in die Industrie hineingewirkt. Das war aber auch immer ein Schlüssel dafür, dass durch Innovationen, Forschung und Entwicklung diese Branche gestärkt daraus hervorgegangen ist. Anders ist es im Tourismus, dort hat es so etwas seit dem Zweiten Weltkrieg nicht gegeben.

Das macht die jetzige Krise so beispiellos.

Definitiv, weil sie eben alle Regionen der Welt und auch alle Branchen umfasst – eben auch die, die nicht krisenerprobt sind und die eventuell keine so solide Eigenkapitaldecke wie die Industrie haben. Das macht Oberösterreich auch etwas robuster, weil die Wirtschaft im Land ob der Enns auf mehreren Beinen steht.

Wertschöpfung, Produktion und Prozesse wieder nach Europa zurückholen. Kann das gelingen?

Bei aller Kritik an der Globalisierung und etwaigen Abhängigkeiten von Fernost: Die Globalisierung hat sehr viel gebracht, etwa durch den starken Rückgang der massiven Armut. Dieses unfreiwillige Experiment des Abbruchs der Globalisierung bringt die Armut leider wieder zurück. Produktion nach Europa zurückholen ergibt vor allem in strategischen Bereichen Sinn, beispielsweise bei der Pharmaproduktion. Wenn wir die globale Arbeitsteilung einstellen, werden wir auch die Vorteile der Globalisierung – weniger Armut, besseres Gesundheitswesen, höhere Bildung – verlieren. Globalisierung hat auch viel mit Friedenssicherung zu tun, denn wenn Staaten Handel betreiben und miteinander wirtschaftlich verflochten sind, werden sie nicht mit Atomraketen aufeinander schießen.

Stichwort Klimawandel. Österreichs Industrie hat hier sehr hohe Standards.

Zweifelsohne und der Klimawandel ist auch ein wesentlicher Punkt, dem sich der künftige IV-Präsident widmen wird müssen. Ich plädiere hier für eine Klima-Vernunft, indem wir das technologieoffen betrachten und hier in Forschung und Entwicklung investieren. Ich verstehe zum Beispiel nicht, warum sich Deutschland wegen der Weigerung der SPD-Spitze nur zu einer Kaufprämie für Elektroautos entschlossen hat. Da ist die Nachfrage sowieso vorhanden, die Kapazitäten bei der Herstellung sind voll ausgelastet und der CO2-Effekt wegen des Strommix ist äußerst gering.

Wie stellt sich die Lage bei Forschung und Entwicklung sowie Digitalisierung in Österreich dar?

Die Krise bietet nun die Chance, die Digitalisierung voranzutreiben. Man muss aber auch jetzt gerade im öffentlichen Bereich die Digitalisierung durchgängig auf ein hohes Niveau bringen. Die Industrie hat infolge ihres hohen Digitalisierungsgrades die Wirtschaft am Laufen gehalten, in der öffentlichen Hand gab es da durchaus Bereiche, die versagt haben.

Seit Jahren mahnt die IV, dass wir in Oberösterreich mehr Techniker brauchen. Wie ist hier die Situation?

Nur mit Laptops für Schulen ist es nicht getan. Es geht vielmehr darum, junge Menschen für die Technik zu begeistern. Technische Berufe sind sinnstiftend und wir müssen dafür weiterhin unentwegt Werbung machen, vor allem bei Mädchen und Frauen. Schwierige Studien gibt es übrigens nicht. Schwierig ist nur das, was ich nicht gerne mache.

Mit IV-OÖ-Präsident AXEL GREINER sprach Oliver Koch

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