Jammern ist ein Fremdwort

Sieglinde Fesel aus Engelhartszell, die eine progressive Muskeldystrophie hat, lebt seit sieben Jahren mit einem Beatmungsgerät. Jammern ist für sie aber ein Fremdwort: Die 56-Jährige ist glücklich, dass sie es von der Intensivstation weg in die eigenen vier Wände geschafft hat. Zu verdanken hat sie das ihrem Kampfgeist und dem Training auf der Langzeitbeatmungsstation der Caritas in Linz.

Sieglinde Fesel © Caritas

Das Beatmungsgerät ist für Sieglinde Fesel, die an einem fortschreitenden Funktionsverlust der Muskelsubstanz leidet, lebensnotwendig.

Durch ihren Kampfgeist und dem Training auf der Langzeitbeatmungsstation der Caritas in Linz lebt sie heute wieder in ihren eigenen vier Wänden. Das Coronavirus ist für die Hochrisikopatientin eine zusätzliche Herausforderung.

Dass die Engelhartszellerin zu ihrem Ehemann Günther sagen kann: „Ich bin jetzt dann weg, denn ich bin mit meiner Freundin verabredet“, grenzt fast an ein Wunder. Vor elf Jahren stand die ehemalige Notariatsangestellte noch fest im Leben, bis sie sich ein Bein brach. Sie kam ins Krankenhaus, wo sie im Gesicht blau anlief.

Die damals 44-Jährige wurde mit einer Atemmaske ausgestattet, die sie nachts mit Sauerstoff versorgte. Damit kam sie im Alltag gut zurecht – vier Jahre lang. Dann fand sie ihr Mann eines Abends – gerade noch rechtzeitig – bewusstlos am Boden. Auch im Krankenhaus kam sie wochenlang nicht mehr zu Bewusstsein.

Schließlich brauchte sie einen Luftröhrenschnitt, um ihr mittels maschineller Atmung ein Weiterleben zu ermöglichen. Fünf Wochen lag Sieglinde Fesel auf der Intensivstation: „Ich litt an einem Gedächtnisverlust und kann mich erst an das Ende dieser Zeit erinnern.“ Als sie stabil war, zog sie von der Intensivstation auf die Station für Langzeitbeatmung ins Caritas-Seniorenwohnhaus Karl Borromäus um.

Durch intensives Training wieder zu Hause

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Dort leben Menschen, die nicht mehr eigenständig atmen können und auf Maschinen angewiesen sind. Die Caritas bietet ihren Bewohnern viele Therapien und Trainings an. „Auch wer nicht von der Beatmungsmaschine entwöhnt werden kann, hat bei uns durch konsequentes Training innerhalb von Monaten schon beachtliche Fortschritte gemacht – selbst wenn es nicht immer dafür reicht, später nach Hause zu gehen“, erklärt Uwe Reich, Leiter der Langzeitbeamtung.

Von den 102 Patienten, die in den vergangenen elf Jahren im Seniorenwohnhaus Karl Borromäus auf der Station für Langzeitbeatmung betreut wurden, konnten mittlerweile 50 Patienten vom Beatmungsgerät entwöhnt werden.

Auch Fesel hat gekämpft. „Ich konnte mit dem Rollstuhl fahren. Das hat meine Lebenssituation enorm verbessert“, sagt sie glücklich. Maschinell beatmet wird sie zwar noch immer, aber seit April 2014 lebt sie zu Hause in Engelhartszell. Zwei 24-Stunden-Betreuungskräfte und ihr Mann helfen ihr im Alltag und bei der medizinischen Versorgung, denn sie muss auch nachts abgesaugt werden. Einmal pro Woche kommt eine Mitarbeiterin der Heimbeatmung, um die Schläuche zu versorgen. „Aber ich lebe zu Hause, bin mobil, kann sprechen – und bin aktiv“, freut sich die lebensfrohe Frau.

Durch die Erkrankung benötigt sie ihren elektrischen Rollstuhl, doch sie liebt es, raus zu können. Bei Regen, Hitze, Schnee oder Wind geht das aber nicht, denn die Apparaturen hinten im Rollstuhl müssen vor diesen Witterungen geschützt werden. Von November bis März konnte sie das Haus deshalb nicht verlassen und dann kam der Corona-Lockdown. Deshalb genoss sie den Sommer umso mehr, allerdings mit sämtlichen Schutzmaßnahmen wie Maske in Innenräumen und Abstand halten. Sie nimmt die Situation wie sie ist und macht das Beste daraus.

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