Joe Biden ist noch
lange nicht am Ziel

Die Übergabe der präsidialen Amtsgeschäfte in den USA wird von vielen Seiten verzögert

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Der möglicherweise anstehende Machtwechsel im Weißen Haus dürfte sich verzögern. Die Leitung der für die US-Regierungsgebäude zuständigen General Service Administration (GSA) soll sich laut „Washington Post“ weigern, einen Brief zu unterschreiben, mit dem das Biden-Übergangsteam Zugang zu US-Behörden erhalten und formal diese Woche die Arbeit aufnehmen kann.

Ein solcher Brief käme einer formalen Erklärung der US-Regierung über den Sieger der Präsidentenwahl gleich.

Diese Weigerung sei ein weiteres Zeichen dafür, dass Amtsinhaber Donald Trump den Wahlsieg des Demokraten Joseph Biden nicht anerkenne und die Übergabe der Macht stören könnte, schrieb die „Washington Post“ online.

Wie berichtet, will Trump versuchen, die Wahl mithilfe einer Hundertschaft von Anwälten doch noch zu gewinnen. Die Erfolgsaussichten schätzen Rechtsexperten als sehr gering ein.

Klageflut droht

Trumps Wahlkampfteam hatte schon nach dem Wahltag mit einer Reihe von Klagen vergeblich versucht, die laufende Stimmauszählung zu stoppen. Trumps Privatanwalt Rudy Giuliani hat nun neue Klagen in wichtigen Bundesstaaten angekündigt. Die erste Klage ist wegen angeblicher „unfairer Wahlen“ und „Verstößen gegen Landesrecht“ in Pennsylvania geplant, jenem Bundesstaat, der am Wochenende den Ausschlag für den Wahlsieg des Demokraten Joe Biden gegeben hatte. Weitere Klagen sollen in Michigan, Georgia und weiteren Bundesstaaten folgen.

Giuliani hat angeblich „viele Beweise“ für Wahlbetrug, er blieb diese vorerst schuldig.

In keinem Bundesstaat haben die Wahlbehörden größere Unregelmäßigkeiten gemeldet, auch internationale Wahlbeobachter sahen keine Grundlage für Betrugsvorwürfe. Die Auszählung der Stimmen ist auch knapp eine Woche nach der Wahl nicht beendet.

Der 77-jährige Biden wurde am Samstag von den US-Medien bereits zum Sieger erklärt. Der ehemalige Vizepräsident hat deutlich mehr als die 270 Stimmen von Wahlleuten zusammen, die erforderlich sind.

Biden nimmt Arbeit auf

Vom juristischen Streit will sich Biden in den Vorbereitungen für die Übernahme der Regierungsgeschäfte aber nicht abhalten lassen.

Am Montag präsentierte der „President Elect („Gewählter Präsident“) seinen Expertenrat zur Eindämmung der Corona-Pandemie. „Ich werde mich von der Wissenschaft und von Experten informieren lassen“, erklärte Biden. Der Expertenrat solle dabei unterstützen, die Anti-Corona-Maßnahmen der neuen Regierung zu gestalten. Dabei gehe es vor allem darum, steigende Infektionszahlen unter Kontrolle zu bringen, die Entwicklung und Verteilung von sicheren und wirksamen Impfstoffen zu fördern und gefährdete Bevölkerungsgruppen zu schützen.

Positive Reaktionen

Die internationalen Reaktionen auf den Wahlsieg des Demokraten fielen unterdessen überwiegend positiv aus.

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel sagte am Montag: „Amerika ist und bleibt unser wichtigster Verbündeter, aber es erwartet von uns zurecht stärkere eigene Anstrengungen, um für unsere Sicherheit zu sorgen und für unsere Überzeugungen in der Welt einzutreten.“ Die Freundschaft zu den USA habe sich über Jahrzehnte bewährt. „Das ist ein gemeinsamer Schatz, wir sollten immer weiter an ihr arbeiten.“

Dagegen hielten sich Russland und China weiterhin auffallend zurück, Glückwünsche gab es vorläufig nicht. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte in Moskau: „Wir halten es für richtig, bis zur offiziellen Verkündung der Ergebnisse der Wahl zu warten.“ Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Wang Wenbin, meinte lediglich: „Wir haben zur Kenntnis genommen, dass Biden den Wahlsieg erklärt hat.“

Auch die EU-Kommission will sich erst nach dem Amtsantritt Bidens zur künftigen Zusammenarbeit mit den USA äußern. „Wir sollten einen Schritt nach dem anderen machen“, sagte ein Sprecher der EU in Brüssel.

Österreichs Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) sprach sich am Montag am Rande des virtuellen EU-Handelsrates in Hinblick auf die USA einerseits dagegen aus, Strafzölle zu forcieren, andererseits dürfe ihrer Ansicht nach die EU auch „nicht naiv sein“. Biden habe einen „sicherlich starken Wirtschaftsstandort USA im Auge, da muss Europa weiterhin zusammenstehen und stark sein“, sagte Schramböck dem ORF.

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