Klubobmann Wöginger: „Ziel muss es sein, die Menschen wieder in Arbeit zu bekommen“

ÖVP-Klubobmann Wöginger über den alternativlosen Lockdown, die Bewältigung der Corona-Krise und das Leben in der neuen Normalität

Am Rednerpult gibt's für August Wöginger nur eines: Volles Engagement. © APA/Jäger

Er gehe davon aus, dass die in der Corona-Krise beschlossenen Gesetze verfassungsrechtlich halten, sagt ÖVP-Klubobmann August Wöginger im VOLKSBLATT-Gespräch.

Froh sei er über das Kurzarbeitsmodell, es sichere Einkommen und Arbeitsplätze. Ein Gasthaus hat der Innviertler schon besucht.

VOLKSBLATT: Es gibt eine neue Kulturstaatssekretärin. Hat es Sie überrascht, dass es so rasch zu einer personellen Änderung im Regierungsteam gekommen ist?

KO WÖGINGER: Persönliche Entscheidungen sind zu akzeptieren. Von Klubseite her arbeiten wir mit der neuen Staatssekretärin Andrea Mayer sehr gut zusammen, was in der Zeit der Übergangsregierung schon von besonderer Bedeutung war. Für ihre neue Aufgabe wünsche ich ihr alles Gute.

Woran ist Ulrike Lunacek gescheitert?

Wie gesagt, das war ihre persönliche Entscheidung, die ist zu akzeptieren.

Im Nationalrat ist der Corona-Friede unüberhörbar vorbei. Ist die Regierung über die Opposition drübergefahren?

Das Gegenteil ist der Fall. Wir haben die Opposition überall eingebunden und auch bestmöglich informiert. Leider ist in den letzten Wochen immer mehr Ablehnung von SPÖ und FPÖ spürbar geworden – wie man etwa an den Einsprüchen im Bundesrat gesehen hat. Diese Vorgangsweise kann ich so nicht nachvollziehen.

Wird alles, was verordnet wurde, verfassungsrechtlich halten?

Wir haben nach bestem Wissen und Gewissen und unter Einbindung des Verfassungsdienstes gearbeitet, aber in einer Pandemiezeit hat alles sehr schnell gehen müssen. Das haben wir als Parlament auch gewährleistet. Ich gehe davon aus, dass die Gesetze halten.

War der völlige Lockdown alternativlos?

Die Zahlen bestätigen das. Für uns hat die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger oberste Priorität. Der Vergleich mit unseren Nachbarländern zeigt, dass diese Vorgangsweise richtig war.

Dennoch muss sich die Regierung mit dem Vorwurf der Panikmache herumschlagen. Verstehen Sie das?

Nein, weil die Maßnahmen alternativlos waren. Es ging darum, die Bevölkerung zu einem Zeitpunkt, zu dem es kein Medikament und keinen Impfstoff gibt, zu schützen.

Wie geht es Ihnen, wenn Sie hören, das Maskentragen sei sinnlos oder Corona mit einer Grippe vergleichbar — wie zuletzt von der FPÖ behauptet.

Ich verstehe solche Aussagen nicht, man sollte mit der Gesundheit der Menschen nicht spielen. Herbert Kickl (FPÖ-Klubobmann, Anm.) ist das Paradebeispiel dafür, dass sich die Opposition ständig selbst widerspricht. Am 13. März hat er den Lockdown gefordert, da konnte es ihm nicht schnell genug gehen. Wir haben das aus Verantwortung gegenüber der Bevölkerung auch gemacht — und er sagt jetzt, das war alles unnötig.

Vor einem Jahr sprengte das Ibiza-Video die türkis-blaue Koalition. Sind Sie froh, dass man durch die Corona-Krise nicht mit der FPÖ als Partner muss?

Was ich sagen kann ist: Die Zusammenarbeit mit den Grünen funktioniert wirklich sehr gut. Was ich mit meinem Gegenüber, Klubobfrau Sigi Maurer, vereinbare, hält und wird umgesetzt.

Das Regierungsmotto zur Bekämpfung der Corona-Krise lautet: Koste es, was es wolle. Wer soll das bezahlen?

Es ist unbedingt notwendig, in einer derartigen Krisensituation ausreichend Mittel zur Verfügung zu stellen. Wir haben ein 38-Milliarden-Paket aufgestellt, um allen Betroffenen zu helfen – beginnend mit dem Härtefall- über diverse Hilfsfonds, Überbrückungskredite bis hin zum Kurzarbeitsmodell, das weltweit seinesgleichen sucht. Wir werden das gemeinsam stemmen.

Sollte auch das Arbeitslosengeld erhöht werden?

Mit der Anhebung der Notstandshilfe auf die Höhe des Arbeitslosengeldes für etliche Monate haben wir einen sehr wichtigen Schritt gesetzt, es gibt auch den Härtefonds für Familien mit Kindern. Jetzt muss es das Ziel sein, die Menschen wieder in Arbeit zu bringen, darum wird ja auch die Wirtschaft schrittweise wieder geöffnet. Arbeit ist das beste Mittel gegen Armut.

Stichwort Kurzarbeit: Kaum begonnen, hat es bei der Kurzarbeit schon erste Verdachtsfälle auf Missbrauch gegeben. Reicht der Strafrahmen?

Man muss schon betonen, dass der Großteil der Betriebe mit dem Modell Kurzarbeit korrekt umgeht. Aber es ist — leider — wie immer im Leben: Einige wenige nutzen das aus. Die Finanzpolizei ist ausgeschickt, wenn das Kurzarbeitsmodell ausgenutzt wird, kommt es zu scharfen Sanktionen, weil der Strafrahmen streng ist. Ich appelliere aber auch an die moralische Verpflichtung der Unternehmen, dieses Modell in Anspruch zu nehmen, es aber nicht auszunutzen.

Wie geht es Ihnen als ÖAAB-Bundesobmann bei der Situation am Arbeitsmarkt?

Das ist eine riesige Herausforderung. Wie schon gesagt, müssen wir alles daransetzen, die Menschen wieder in Arbeit zu bekommen. Der beste Weg dahin ist das Kurzarbeitsmodell, es sichert Einkommen und Arbeitsplätze. Als ÖAAB-Obmann bin ich über dieses Modell wirklich sehr froh. Überdies kann man mit den diversen Härtefonds diese Zeit überbrücken.

Sie haben in der letzten Nationalrats-Sitzung gesagt, das Eindämmen des Virus „hat dank der Bevölkerung funktioniert“. Hat Sie die hohe Disziplin überrascht?

Österreich hat in Krisenzeiten immer bewiesen, dass man zusammensteht und zusammenhält. Den Österreicherinnen und Österreichern ist ein großes Danke auszusprechen, dass sie sich in der Intensivphase so an die Maßnahmen gehalten haben und immer noch halten. Letztlich war das ein Hauptkriterium dafür, dass wir mit den Infektionszahlen so schnell nach unten gekommen sind.

Wie kann man diesen in der Krise gezeigten Zusammenhalt in die „neue Normalität“ hinüberretten?

Wir werden eine andere Normalität haben. Es geht nur schrittweise zurück in unser gewohntes Leben, die Entwicklung der Infektionszahlen muss man dabei immer im Auge behalten. Was in Wien in den letzten Tagen passiert, ist der Beweis dafür, dass Corona nicht vorbei ist. Das Virus ist mitten unter uns, daher werden wir diese andere Normalität haben — mit Abstand halten, dem Mund-Nasen-Schutz und vor allem den Hygienemaßnahmen. Das wird uns in den nächsten Monaten begleiten.

Wie sehr waren Sie in Ihrem persönlichen Umfeld mit Infektionen konfrontiert?

Zwei Fälle wurden in meiner Heimatgemeinde Sigharting bekannt, in meinem familiären Umfeld ist Gott sei Dank kein Fall aufgetreten. Zwei ÖVP-Abgeordnete waren infiziert, aber Gott sei Dank mit relativ glimpflichem Verlauf.

Politik lebt vom direkten Kontakt mit den Menschen. Wird das wieder?

Hoffentlich wird es wieder möglich, unsere Versammlungen, Parteitage und Ähnliches abzuhalten. Gerade die ÖVP-Abgeordneten sind es gewohnt, bei den Menschen zu sein und das Ohr bei Bevölkerung zu haben. Wir haben es geschafft, auch in der Krise mit den modernen Kommunikationsmitteln mit unseren Funktionären und der Bevölkerung in Kontakt zu bleiben.

Waren Sie eigentlich auch als Lehrer im Homeschooling gefordert?

Aufgrund der sehr intensiven Arbeit im Parlament war ich sehr wenig zu Hause. Aber wenn ich daheim war, habe ich mitbekommen, was hier von den Eltern, aber auch den Lehrerinnen und Lehrern geleistet wurde und auch noch wird.

Was passierte bei Ihnen nach der Lockerung früher — der Besuch eines Gottesdienstes daheim in Sigharting oder des Stammtisches?

Am Freitag war ich bereits beim Stadtwirt in Schärding essen. Wir unterstützen die Wirte zwar durch die Abholung, aber ich werde schon schauen, dass ich jetzt auch regelmäßig wieder ins Gasthaus komme. Gottesdienste gibt es in Sigharting noch nicht, weil in unserer kleinen Kirche nur wenige Gottesdienstbesucher kommen könnten. Sobald es geht, besuche ich natürlich wieder die Heilige Messe.

Mit ÖVP-Klubobmann AUGUST WÖGINGER sprach Markus Ebert

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