Kontaktlos durchs Krippendorf

Es ist außergewöhnlich dunkel, wenn man sich Hagenmühle, einer Ortschaft von Kirchham im Bezirk Gmunden, nähert. Keine künstliche Beleuchtung, die alles unnatürlich erhellt. Idyllisch bis „enterisch“, wie man auf gut Oberösterreichisch sagen würde. Aber Angst braucht man keine haben, vor vielen Häusern warten beleuchtete Krippen, vorweihnachtliche Stimmung macht sich breit. Und es ist erstaunlich, was sich die Bewohner von Hagenmühle für ihr Krippendorf alles einfallen lassen haben.

Leise erklingen hellen Stimmchen und sanfte Töne, wenn man sich einem Holzmarterl in der Ortschaft Hagenmühle in Kirchahm nähert. Hinter der Glaswand warten zig Getränkedosen, die, statt Bier zu tragen, einer ganz neuen Tätigkeit nachgehen: mit Sicherheit der kreativste Chor im Land — und Teil des Krippendorfes. © Moshammer

In einer Hütte finden sich historische Krippen, bewegliche, die man selbst in Gang setzen kann, Geschnitztes und Gebasteltes. Die Krippe in der Mischmaschine ist ein absoluter Höhepunkt, doch auch traditionelle Figuren sind auf dem Weg durch Hagenmühle zu finden.

Vorbei an der Freiwilligen Feuerwehr geht es weiter, von Station zu Station erwandert man sich diese liebevoll gestaltete Ausstellung, das Krippendorf — und das ganz kontaktlos in Corona-Zeiten.

Als Obmann der Abwassergenossenschaft hatte Hubert Prem vor Jahren eine Idee: Warum nicht alle, die an den Kanal angeschlossen sind, dazu animieren, das Dorf vorweihnachtlich zu gestalten. Krippen und Weihnachtsbäume sollten her und vor jedem Haus der Außenbereich verschönert werden. Doch es ging nicht nur ums Aufhübschen des eigenen Vorgartens und der Fenster, sondern auch darum, Besuchern die Krippen zugänglich zu machen.

„Alle haben mitgemacht“, freut sich Prem noch heute über das große Interesse der Bevölkerung, das ungebrochen ist: „Ich bin sehr dankbar dafür“. 2009 ging es dann richtig los mit dem Krippendorf Hagenmühle. Durch die idyllisch gelegene Kirchhamer Ortschaft führen Pfade, die von Krippe zu Krippe geleiten. An die 60 sind es mittlerweile geworden, die draußen zu besichtigen sind. Die erste, eine lebensgroße auf einer Anhöhe, hat Prem gleich vor dem Haus seines Vizes und Mitbgründers Hans Lachberger errichtet.

Bei der Gestaltung ihrer Krippen und weihnachtlicher Dekoration haben alle Mitglieder, die bis heute freudig dabei sind, freie Hand. „Jeder kann machen, was er will“, betont Prem, der selbst vor seinem Haus an die 15 Krippen stehen hat und damit auch der Rekordhalter in der rund 100 Einwohner zählenden Ortschaft ist.

Und den Hagenmühlern ist einiges eingefallen – etwa die schon erwähnte Krippe in einer Mischmaschen oder besonders unterhaltsam: ein Chor aus Bierdosen, der zu singen beginnt, wenn man sich nähert. „Als ich von dieser Idee gehört habe, meinte ich schon ,Das ist ein wenig mutig!‘“, erinnert sich der Erfinder des Krippendorfs. Der Dosenchor-„Leiter“ meinte damals darauf: „Einmal ‘was anderes“. Und so sieht Prem das inzwischen auch.

Reduzierte Variante

In den Jahren vor Corona waren – inklusive einer Ausstellung – an die 100 Krippen zu sehen, heuer gibt es ab dem 8. Dezember die reduzierte Variante mit rund 60. Die kann dafür aber bei einem Spaziergang entdeckt werden und das ganz ohne irgendwo hineingehen zu müssen. „Wir haben überlegt, ob wir das Krippendorf heuer überhaupt machen sollen“, sagt Prem: „Aber ich denke, dass es gerade in diesem Jahr eine gute Möglichkeit ist, rauszukommen und dabei vorweihnachtliche Stimmung zu erleben.“

Auf die Eröffnung wird heuer neben der Ausstellung verzichtet, beim Parkplatz vor dem ZIB (Zentrum für individuelle Berufsvorbereitung) Hagenmühle (Hagenmühle 7, 4656 Kirchham) finden sich aber Pläne, mit denen das Krippendorf selbst erkundet werden kann. Eine Beschilderung führt durch das Dorf, ab 17 Uhr ist alles beleuchtet, eine Laterne oder Taschenlampe ist trotzdem ein gutes Mitbringsel. „Am schönsten ist es, wenn es dunkel ist“, lädt Prem ein. Eine Lieblingskrippe hat er übrigens nicht und ist überzeugt: „Alle sind schön!“

1000 Besucher pro Saison

In „normalen“ Jahren kommen an die 1000 Besucher pro Kripperl-Saison und das nicht nur aus Oberösterreich. „Es kommen welche aus Bayern, der Steiermark, vergangenes Jahr waren viele Wiener da“, berichtet Prem, der damit rechnet, dass gerade in diesem Jahr viele Menschen das Krippendorf, das auf dem weitläufigen Gelände im Vorbeigehen besichtigt werden kann, anschauen werden und, da viele Adventmärkte und Co. im Land abgesagt werden mussten, die Chance für weihnachtliche Stimmung in Kirchham nutzen.

Und viele solche Möglichkeiten gibt es nicht. „In Molln gibt es noch so ein Dorf“, erzählt Prem. Und wer so skurrile, aber auch besinnliche Ideen an einem Fleck sehen will, der muss sich schon auf die Suche machen.

Für die vielen Stunden, die die Krippenbauer in ihre kleinen und großen Kunstwerke gesteckt haben, kriegen sie keinen Cent, wie Prem betont. „Die freiwilligen Spenden, die die Besucher geben, gehen alle an das ZIB“, das den Ausgangsort für den Rundgang bildet.

Bis Ende Jänner lädt Hubert Prem also auch im so besonderen Jahr 2020/21 Besucher zum Krippenschauen nach Hagenmühle. Und auch der „Vater des Krippendorfes“ hat sich natürlich — wie jedes Jahr — wieder etwas Neues einfallen lassen. „Wir haben heuer vor dem Haus einen Kinderspielplatz gebaut. Und in den kommt jetzt im Winter eine Krippe hinein … “

Von Mariella Moshammer

Das könnte Sie auch interessieren