„Kostümfest“ mit tödlichem Ausgang

Premiere von „Gefährliche Liebschaften“ am Schauspielhaus in Linz

Lorena Emmi Mayer als Cecile
Lorena Emmi Mayer als Cecile © Herwig Prammer

Es wird heuer Corona-bedingt keine Kostümfeste in Oberösterreich geben. Außer einem: im Schauspielhaus des Linzer Landestheaters. Dort hat die Inszenierung des dramatisierten Briefromans „Gefährliche Liebschaften“ aus dem 18. Jahrhundert alle Ingredienzien eines „Kostümfestes“, opulent, aber auch irritierend. Premiere war am Samstag.

Eines noch vorweg: Das von den Theatermachern erstellte Corona-Sicherheitskonzept funktioniert. Die Zuschauer können sich ohne Angst ins Theater wagen und sich dem Geschehen auf der Bühne hingeben.

Zum Stück: Das Original „Les Liaisons dangereuses“ des Franzosen Pierre-Ambroise-Francois Choderlos de Laclos erschien als Briefroman im Jahr 1782 und wurde alsbald ein Skandal. Prangern die 175 Briefe doch die damalige „feine“ — sprich: dekadente — Gesellschaft schonungslos an, deren Hauptinteresse erotischen Abenteuern galt. Amouröse Eroberungen als Spiel, Verführung als Kunst, Liebschaften als sportliche Trophäen. Dazu Falschheit, Schmeicheleien und Intrigen. Kein Wunder, wenn die Sache für den Protagonisten mit einer tödlichen Kugel aus der Pistole einer jungen Verführten endet. Das ist auch der Inhalt des auf dem Roman basierenden Theaterstücks „Gefährliche Liebschaften“ von Christopher Hampton aus dem Jahr 1985.

Die Linzer Inszenierung besorgte Susanne Lietzow. Sie verzichtet auf jegliches Ambiente des 18. Jahrhunderts, dafür tobte sich Marie-Luise Lichtenthal bei den Kostümen der Damen — bzw. zweier Transvestiten — aus: Voluminöse Perücken, enge Korsette und vor allem riesige Reifröcke — für den Mindestabstand, sozusagen als Ersatz für den Babyelefanten? Sich damit zu bewegen, erfordert schon einige Akrobatik. Zumal die Auf- und Abgänge der Darsteller unter einer großflächigen Video-Wall erfolgen müssen. Auf dieser werden gelegentlich Passagen der Schauspieler eingeblendet, im Übrigen flimmert es zwei Stunden lang über die Leinwand, ohne dass das Warum wirklich nachvollziehbar wäre. Die männlichen Darsteller sind vergleichsweise schlicht ausgestattet, aber auch von eher schlichtem Gemüt, nur auf den „Endzweck“ des Verführens scharf.

Für Emotion sorgt nur die Musik

Positiv hervorzuheben ist die Musik von Gilbert Handler, speziell die französischen Songs. Hier kommt auch so etwas wie Emotion auf, die sich im Gesamten nicht recht einstellen will. Das Ensemble bewältigt die eigenwillige und textlastige Szenerie tadellos, einzelne Darsteller hervorzuheben, wäre hier ungerecht. Eine Frage bleibt letztlich: Muss man, um oberflächliche erotische Abenteuer und die Erosion echter Gefühle am Theater zu zeigen, wirklich auf das 18. Jahrhundert zurückgreifen?

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Von Werner Rohrhofer

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