300 Arbeiten von 100 Künstlern auf einem Fleck

100 Jahre Innviertler Künstlergilde: Inspirierende „Leistungsschau“ im Linzer Schlossmuseum

Judith Goetzloff, „Die Badenden“
Judith Goetzloff, „Die Badenden“ © Goetzloff

Eine inspirierende Schau, die einen weiten Blick auf zeitgenössisches Kulturschaffen im Land wirft, hat am Dienstag im Erdgeschoß des Linzer Schlossmuseums ihre Pforten geöffnet. Die Innviertler Künstlergilde (IKG) feiert mit „Der Geist. Die Kunst. Das Leben. 1923-2023“ (bis 10.4.) ihr 100-jähriges Bestehen.

Aus vielen Sparten

Plakate von diversen Veranstaltungen künden am Eingang von der vielfältigen Tätigkeit der Künstlervereinigung, die über das Innviertel hinaus strahlt und auch Mitglieder aus Bayern und ganz OÖ bis Wien hat. Und so vielfältig ist auch das Gezeigte: von Fotografie, Grafik, Malerei, Architektur, Bildhauerei bis zu Ton- und Wortkunst.

Im ersten Raum ist „ruhige Kunst“, wie Ausstellungsgestalterin Judith Goetzloff es nennt, versammelt. Goetzloff und Günther Schafellner, beide Mitglieder der IKG, sind im Dezember spontan für diese Aufgabe eingesprungen, nachdem der langjährige Obmann Walter Hol-zinger verstorben ist. Er war nicht der einzige Künstler, von dem sich die Gilde in der letzten Zeit verabschieden musste, so sind auch einige Arbeiten kürzlich verstorbener Mitglieder wie der Keramikerin Gerlinde Ringl, des Malers Hubert Fischlhammer oder des Bildhausers Meinrad Mayrhofer zu sehen. Dessen „Getreideboot“ und sein „Aschenboot“ aus Papiermaché künden von Leben und Tod. Gleich daneben filigran anmutende Arbeiten aus demselben Material und mit Gips überzogen von Dietmar Gruber: Das Objekt „Raumhorchen“ erinnert an ein überdimensionales Ohr. Weiße, mit stellenweise in Falten gelegtem Baumwollleinen überzogene „Stehlampen“ von Margit Wimmer-Fröhlich tauchen den Raum in ein besonderes Licht.

„Die Mitglieder der IKG waren eingeladen, sich mit je drei Arbeiten an der Ausstellung zu beteiligen“, erklärt Goetzloff. 100 von insgesamt 150 haben die Einladung angenommen. Goetzloff selbst, seit 2008 Mitglied der IKV, zeigt Arbeiten mit Bezug zur Künstlervereinigung: „Ein Druckgrafik-Symposium in Haag am Hausruck war mein erster Kontakt zur IKG und da sind Arbeiten wie ,Die Badenden´ oder ,Moment Madame´ entstanden.“ Kollege Schafellner hat aus seinem Werk für die Ausstellung düster anmutende Selbstporträts gewählt.

Kritisch, aber mit Witz

Viel Kritisches sei in der Ausstellung zu sehen, so Goetzloff: „Und das aber immer wieder mit Witz, mit einem Augenzwinkern, wie etwa die Arbeiten von Hans Heis, der ein grandioser Geschichtenerzähler ist.“ Köstlich dessen bunte, gegenständliche Malerei im klassisch modernen Stil, „Corona“ titelnd und durchnummeriert, die etwa einen Arztbesuch zeigt. Originell Hanna Kirmanns zehnteilige Bilderserie „Nudeldrucke“, für die, wie Goetzloff sagt, „Nudeln eingefärbt und durch die Presse gelassen wurden“.

Ins Auge stechen auch die vielen Tierköpfe aus Keramik, die Sigrid Kofler für ihre Arbeit „kin“, zu Deutsch Sippe, versammelt hat, oder die goldenen Schuhe, die den Rahmen zu sprengen scheinen und wild herausragen: „In den Schuhen der Anderen“ titelt Josef Pfeffers Werk. Bei Harald Herkner greifen Körper, Proportionspuppen, ineinander und vereinen sich zu einem Kreis („Newtons Wirbel“). Historisches mit Zeitgenössischem verbindet Leo Maier in seinen Collagen.

Zwei Künstlerinnen stellen einen engen Bezug zur Natur her: Ursula Wimmersberger gestaltet zart anmutende Farbtupfer mit pflanzlicher Tinte aus Avocado oder Schwarznuss, Heidi Zenz arbeitet für ihre Bilder mit Birken- und Torfasche aus dem Ibmer Moor. Lore Demel hat für „Aus der Geschichte“Holzscheite mit Feldhemden vom Bundesheer überzogen und zu einem Haufen zusammengefügt. Nachdenklich wie Demels Werk stimmt auch Erich Schabers Schmiedearbeit „Flüchtlinge aus und auf Eisenbahnschiene“.

Zwischen Bildern und Skulpturen findet man immer wieder Hörstationen mit Beiträgen von Literaten oder Musikern aus der IKG. Es ist fast, als würde die Kraft der gegenseitigen Inspiration verschiedener Künstler und Sparten spürbar werden, die Mitglieder kommen regelmäßig zu Treffen zusammen.

Eine gute Gelegenheit, einen Einblick in heimisches Kunstschaffen zu gewinnen im Rahmen einer — trotz vieler Arbeiten — großzügig gestalteten Schau, die, wie Goetzloff sagt, jedem Kunstwerk genug Platz und dem Betrachter „Luft zum Atmen“ lässt. Ein großer Teil der Kunstwerke ist übrigens käuflich zu erwerben.

Von Melanie Wagenhofer

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